Deutschland feiert 75 Jahre Grundgesetz

Schutz vor staatlicher Willkür

Am 23. Mai 1949 trat das Grundgesetz in Kraft. Wie kam es zur Gründung der Bundesrepublik? Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges hatten zunächst die USA, Sowjetunion, Großbritannien und Frankreich das Sagen über Deutschland.

Autor/in:
Nicola Trenz
Grundgesetz / © Julia Steinbrecht (KNA)
Grundgesetz / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Sie teilten das Land in vier Besatzungszonen. 1948 drängten die drei westlichen Mächte auf die Gründung eines westdeutschen Staates. Die Entwicklung des Kalten Krieges hatte damals die Hoffnung gedämpft, dass es zu einer Staatsbildung inklusive der sowjetischen Besatzungszone kommen könnte.

Von den West-Alliierten ging der Auftrag an die damals elf westdeutschen Bundesländer, in einer verfassungsgebenden Versammlung einen westdeutschen Staat mit "einer freien und demokratischen Regierungsform" vorzubereiten. Sie gestanden also dem deutschen Volk als Kriegsverlierer schrittweise eine eigene Regierungsverantwortung zu, bereiteten damit aber letztlich den Weg hin zur deutschen Teilung.

Wer hat das Grundgesetz geschrieben?

Das Grundgesetz erarbeitete der Parlamentarische Rat. 61 Männer und 4 Frauen aus den Landesparlamenten der westlichen Besatzungszonen waren stimmberechtigte Mitglieder. Entsandt nach Fraktionsstärke der Landesparlamente, ergab es sich zufällig, dass CDU/CSU und SPD jeweils 27 Mitglieder stellten. Die FDP gestaltete mit fünf Männern die neue Verfassung. Die Deutsche Partei (DP), die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) und die Zentrumspartei schickten jeweils zwei Mitglieder. Ohne Stimmberechtigung gehörten fünf Abgeordnete aus West-Berlin der verfassungsgebenden Versammlung an. Der Parlamentarische Rat wählte den späteren ersten deutschen Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU) zu seinem Präsidenten.

Eine Ausnahme war das Saarland. Es war im Parlamentarischen Rat nicht beteiligt und trat erst 1957 dem Geltungsbereich des Grundgesetzes bei.

Warum heißt die deutsche Verfassung Grundgesetz?

Die Vertreter der westdeutschen Bundesländer wollten bei der Ausarbeitung, dass die neue Verfassung Grundgesetz genannt wird, um deren vorläufigen Charakter zu unterstreichen. Regelungen, die Westdeutschland als vollwertigen Nationalstaat hätten ausweisen können, vermieden die Politiker. Die deutsche Teilung sollte dadurch nicht zementiert werden.

Was passierte bei der Deutschen Einheit mit dem Grundgesetz?

Die ostdeutschen Bundesländer traten nach deutsch-deutschen wie auch internationalen Verhandlungen am 3. Oktober 1990 dem Geltungsbereich des Grundgesetzes bei.

Mit der Wiedervereinigung wurde die Präambel des Grundgesetzes verändert. Vorher war darin die Rede, dass das Grundgesetz eine "neue Ordnung [...] für eine Übergangszeit" sei, und es hieß: "Das gesamte Deutsche Volk bleibt aufgefordert, in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden". Seit 1990 lautet die

Präambel: "Die Deutschen [...] haben in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands vollendet. Damit gilt dieses Grundgesetz für das gesamte Deutsche Volk."

Was sind die Grundrechte?

Das Grundgesetz besteht aus mehr als 200 Artikeln. Die ersten 19 umfassen die Grundrechte. Hinter ihnen steht die Idee, die Bürgerinnen und Bürger vor staatlicher Willkür zu schützen. Wenn darin also zum Beispiel die Rede von Religionsfreiheit ist, dann bedeutet dies, dass der Staat dem einzelnen Menschen nicht vorschreiben darf, an wen oder was er (nicht) zu glauben hat. In Folge der Versammlungsfreiheit hat jeder Bürger das Recht zu demonstrieren. Der Gleichbehandlungsgrundsatz schützt Menschen unabhängig von Geschlecht, Herkunft oder Religion vor Diskriminierung.

Die meisten Grundrechte gelten für alle Menschen. Einige Grundrechte stehen nur Deutschen bzw. EU-Bürgern zu, zum Beispiel die Berufsfreiheit. Umgekehrt gilt das Recht auf Asyl in Deutschland nur für Ausländer.

Wer kann das Grundgesetz ändern?

Die meisten Teile des Grundgesetzes können geändert werden, wenn zwei Drittel der Mitglieder des Bundestages sowie zwei Drittel der Stimmen im Bundesrat für eine Änderung sind. Eine Ausnahme sind die Grundsätze, die in Artikel 1 und 20 stehen. Unveränderbar sind also die unantastbare Menschenwürde sowie die demokratischen, sozialstaatlichen und rechtsstaatlichen Prinzipien des deutschen Staats.

Was macht das Grundgesetz besonders?

Im Unterschied zu vorherigen deutschen Verfassungen stellt das Grundgesetz in Form der Grundrechte Menschen- und Bürgerrechte an den Beginn, nicht Regelungen zur Staatsstruktur. Die Verfassung stellt die unantastbare Würde des Menschen ganz bewusst an den Anfang und ist damit geprägt von der Erfahrung der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft.

Außerdem gilt das Grundgesetz als „Exportschlager“. Seine Prinzipien sind als Vorbild für die Verfassungen anderer rechtsstaatlicher Demokratien übernommen worden, beispielsweise Spanien, Südkorea und Südafrika.

Grundgesetz

Das Grundgesetz ist die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland. Es enthält die wichtigsten Regeln für das Zusammenleben und ist so Grundlage der freiheitlich-demokratischen Grundordnung in Deutschland. In insgesamt 146 Artikeln sind die Grundrechte der deutschen Bürger, die Aufgaben von staatlichen Institutionen und andere Gesetze verankert. Das Grundgesetz begrenzt staatliche Machtausübung durch demokratische Kontrolle.

Grundgesetz / © Jens Kalaene (dpa)
Grundgesetz / © Jens Kalaene ( dpa )
Quelle:
KNA