Betroffene benennen ehemaligen Bischof als Missbrauchstäter

"Ich bin schockiert und fassungslos"

Gegen den 1988 verstorbenen ehemaligen Hildesheimer Bischof Heinrich Maria Janssen gibt es weitere Anschuldigungen. Drei Betroffene werfen ihm schweren sexuellen Missbrauch über einen Zeitraum von mehreren Jahren vor.

Der bereits verstorbene Heinrich Maria Janssen (KNA)
Der bereits verstorbene Heinrich Maria Janssen / ( KNA )

Demnach waren die betroffenen Personen zu den jeweiligen Tatzeitpunkten zwischen acht und zwölf Jahre alt.

Die geschilderten Taten haben sich nach Angaben der Betroffenen im Bistum Hildesheim und außerhalb des Bistums ereignet. Genauere Angaben zu den Betroffenen sowie den Taten und Tatzeitpunkten kann das Bistum Hildesheim aus Gründen des Betroffenenschutzes derzeit nicht machen.

Schilderungen an unabhängige Expertinnen und Experten

Die betroffenen Personen hatten sich mit ihren Schilderungen an unabhängige Expertinnen und Experten für Verdachtsfälle von sexualisierter Gewalt in ihrem Bistum gewandt. Der Bischöfliche Beraterstab zu Fragen sexualisierter Gewalt des Bistums Hildesheim, ein mehrheitlich aus unabhängigen Mitgliedern bestehendes Gremium, hat am 6. Juni 2024 in einer Sitzung die Plausibilität der Vorwürfe festgestellt. An dieser Sitzung hat auch der Hildesheimer Bischof Dr. Heiner Wilmer SCJ teilgenommen.

Heiner Wilmer / © Harald Oppitz (KNA)
Heiner Wilmer / © Harald Oppitz ( KNA )

„Ich bin schockiert und fassungslos angesichts der neuen Vorwürfe gegen Bischof Janssen sowie der Schwere der geschilderten Taten. Meine Gedanken sind bei den Menschen, die von diesen Verbrechen betroffen sind“, so Bischof Wilmer. 

Bischofsgruft verschlossen

Umgehend wandte er sich damit an zwei ihn beratende Gremien. Am 7. Juni 2024 rief Wilmer das Domkapitel zusammen und setzte die Domkapitulare von den Ereignissen in Kenntnis. Einen weiteren Tag später teilte er die neuen Erkenntnisse dem Diözesanpastoralrat mit. In beiden Gremien wurden erste Konsequenzen angesichts der neuen Meldungen beraten.

Weihbischof Heinz-Günter Bongartz  / © Julia Steinbrecht (KNA)
Weihbischof Heinz-Günter Bongartz / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Als erste Reaktion auf die Vorwürfe wurde die Bischofsgruft im Hildesheimer Dom, in der Janssen beigesetzt ist, verschlossen. Eine kürzlich in der Gruft aufgestellte Tafel, die über die Vorwürfe informiert, wurde nun davor platziert. "Wir werden seitens des Domkapitels unverzüglich prüfen, inwieweit eine Umbettung von Heinrich Maria Janssen aus der Bischofsgruft im Dom möglich ist", erklärte Weihbischof und Domdechant Heinz-Günter Bongartz. Betroffenenvertreter fordern dies seit längerem.

Der Betroffenenrat der Bistümer Hildesheim, Hamburg und Osnabrück bekräftigte nun diese Forderung. "Täterverehrung ist auch immer ein Stück weit Opferverhöhnung", heißt es in einer Stellungnahme. Dass das Domkapitel nun nach fünf Meldungen "endlich" die Gruft verschlossen habe, könne und dürfe nur ein erster Schritt sein.

Bistum schreibt neue Studie aus

Das Bistum Hildesheim hat in enger Abstimmung mit der Unabhängigen Aufarbeitungskommission Nord, dem Betroffenenrat Nord und der Betroffeneninitiative im Bistum Hildesheim eine neue Studie zur Aufdeckung sexualisierter Gewalt und anderer Formen physischer und psychischer Gewalt in der Diözese für den Zeitraum von 1945 bis 2024 ausgeschrieben.

Bereits in den Jahren 2015 und 2018 wurden Missbrauchsvorwürfe zweier Betroffener gegen Janssen bekannt. Eine Gruppe von Fachleuten hatte 2021 bei der Studie "Wissen teilen" keine weiteren Hinweise für durch Bischof Janssen selbst verübte sexualisierte Gewalt gefunden. 

Dies hat sich nun geändert. Sofern die drei weiteren Betroffenen damit einverstanden sind, wird das Bistum Hildesheim die neuen Meldungen in Bezug auf Bischof Janssen den Fachleuten vorlegen, die mit der aktuell ausgeschriebenen Aufarbeitungsstudie beauftragt werden.

Kontaktdaten für Betroffene

Für Betroffene von sexualisierter Gewalt gibt es im Bistum Hildesheim professionelle Ansprechpersonen, die von der Kirche unabhängig sind. Die Kontaktdaten dieser drei Fachleute sind unter diesem Link zu finden.

Bistum Hildesheim

Hildesheimer Dom / © Daniel Pilar (KNA)
Hildesheimer Dom / © Daniel Pilar ( KNA )

Zur Diözese Hildesheim zählen rund 538.000 Katholiken im östlichen Niedersachsen und im Norden Bremens. Das rund 30.000 Quadratkilometer große Bistum reicht von der Nordseeküste bis zu den südlichen Ausläufern des Harzes bei Göttingen und Duderstadt. Die Katholiken bilden im Bistum in fast allen Regionen der Diözese eine Minderheit (Diaspora).

Es zählt 119 Kirchengemeinden in 17 Dekanaten. Heiner Wilmer ist der 71. Bischof des Bistums. Er folgt auf Bischof Norbert Trelle, dessen altersbedingten Rücktritt Papst Franziskus am 9. September 2017 annahm.

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