Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD) fordert einen weitgehenden Abschiebestopp für Angehörige der religiösen Minderheit der Jesiden in den Irak.
Der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Montag) sagte sie, sie wolle für eine bundesweit einheitliche Lösung auf der am Mittwoch beginnenden Innenministerkonferenz in Potsdam werben.
Zugleich kritisierte sie das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf): "Denn obwohl der Bundestag die Verbrechen des IS an den Jesidinnen und Jesiden als Völkermord anerkannt hat, lehnt das Bamf Asylanträge von jesidischen Personen aus dem Irak nach wie vor regelmäßig als unbegründet ab." Sie empfinde es als "höchst unbefriedigend", dass die Bundesländer daher gezwungen seien, eigene Regelungen zu finden, um Abschiebungen zu verhindern.
Gefahren vor allem für Frauen und Mädchen
Behrens hatte vor einigen Tagen für Niedersachsen einen entsprechenden Abschiebestopp verhängt für Frauen und Minderjährige, die der jesidischen Glaubensgemeinschaft angehören. Die Regelung gilt für die gesamte sogenannte Kernfamilie der Betroffenen, damit in der Regel auch für Väter.
Ausgenommen davon sind allerdings Straftäter und Personen mit Extremismusbezug sowie alle, die sich hartnäckig weigern, bei der Klärung ihrer Identität mitzuwirken.
Für dieses Vorgehen will Behrens nun auch bei ihren 15 übrigen Ressortkollegen werben: "Frauen und Mädchen jesidischen Glaubens drohen im Irak nach wie vor schreckliche Gewalttaten, Zwangsprostitution und Verschleppung." Das Bamf müsse bei Asylanträgen "die erheblichen Gefahren für Jesidinnen und Jesiden im Irak angemessen würdigen".
Was sind eigentlich Jesiden?
Jesiden sind eine religiöse Minderheit unter den Kurden. Weltweit hat die monotheistische Religionsgemeinschaft mehrere hunderttausend Mitglieder. Sie leben vor allem im nördlichen Irak, viele sind jedoch vor der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) geflüchtet. Nach Informationen der Bundeszentrale für politische Bildung befindet sich die weltweit größte Diasporagemeinde der Jesiden in Deutschland. Rund 150.000 Personen gehören ihr demnach an.
Der jesidische Glaube vereint Elemente verschiedener nahöstlicher Religionen, vor allem aus dem Islam, aber auch aus dem Christentum. Jesiden wurden im Laufe der Jahrhunderte immer wieder verfolgt, sowohl religiös als auch - wegen ihrer Zugehörigkeit zu den Kurden - ethnisch.
Im Januar 2023 beschloss der Bundestag, die Ermordung von rund 5.000 Jesiden sowie die Verschleppung von 7.000 weiteren durch den IS im Jahr 2014 offiziell als Völkermord anzuerkennen.