DOMRADIO.DE: Sie haben die Fenster in Ihrer Kindertagesstätte verdunkelt beziehungsweise geschwärzt. Allerdings nicht mit der Begründung, schwarz zu sehen, sondern weil sie sagen, dass hier bald die Lichter ausgehen. Das war das Motto der "Black Week" vom 10. bis 14. Juni. Was hatte es mit dem Motto der Aktionswoche auf sich?
Katja Peters (Leitung in der Kindertagesstätte St. Michael in Neuss): Wir haben bei uns in der Kita schwarze Plakate aufgehangen und einen Stolperstein in Form eines Tisches aufgebaut, der mit schwarzem Stoff verkleidet ist.
Es geht darum, noch mal darzustellen, dass ein eklatanter Fachkräftemangel in den Kitas vorherrscht. Das war das große Thema, aber auch die Unterfinanzierung der Kitas. Das war der Überbau mit dem Motto "Bald gehen die Lichter aus".
DOMRADIO.DE: Was genau fordern Sie in dieser Hinsicht?
Peters: Einmal geht es um eine auskömmliche Finanzierung der sozialen Infrastruktur, weil die Träger zuletzt den Inflationsausgleich zu tragen hatten. Die Tariferhöhungen wurden von den freien Trägern ebenfalls mitfinanziert.
Das ist aber noch nicht refinanziert. Es ist erst ab August angedacht, dass die Kosten höher gehen und die Träger dann Erhöhungen der Pauschalen bekommen. Im Moment wird es nicht berücksichtigt. Viele Träger sind schon an ihre Rücklagen gegangen.
Es besteht die eine Angst, dass bei vielen freien Trägern Insolvenzen und Kitaschließungen dahinterstehen. Darauf wollte die "Black Week" aufmerksam machen.
DOMRADIO.DE: Die Kommunen, Städte und das Land sagen, dass sie das Geld nicht haben und fordern, dass die Kosten mitgetragen werden. Sehen Sie eine Chance, dass man sich nähert oder einigt?
Peters: Das ist sehr schwierig, wenn das Geld nicht da ist. Das Geld ist gerade überall knapp. Neben den Lohnkosten gibt es noch eine Menge anderer Kostensteigerungen, seien es Energiekosten oder die Lebensmittel in den Kitas.
Da hängt eine ganze Menge dran. Kinder sind unsere Zukunft. Deswegen sollte da nicht gespart werden. Das ist das zweite große Thema. Wir wollen auf diesen Fachkräftemangel, der eklatant ist, aufmerksam machen.
DOMRADIO.DE: Haben Sie eine Lösungsmöglichkeit, wie man neue Fachkräfte bekommt?
Peters: Es ist ein grundsätzliches gesamtgesellschaftliches Thema. Alles andere als über die Ausbildung kann nicht funktionieren. Das ist aber im Moment sehr abschreckend für Menschen, die potenziell gerne in den sozialen Bereich möchten.
Sie sehen allerorts Kita-Schließungen, Notgruppen und Einschränkung von Betreuungsangeboten. Das ist alles eher abschreckend für Menschen, die sich überlegen, in diesen Bereich einzusteigen.
DOMRADIO.DE: Die "Black Week" ist eine Aktion mit schwarzen Plakaten an den Fenstern. Wie war das für die Kinder? Haben die im verdunkelten Raum gesessen, weil die Scheiben alle schwarz waren oder wie war das in der Praxis zu sehen?
Peters: Wir haben es im Eingangsbereich im Foyer gemacht, um auch noch mal Passanten, die vorbeigehen, aufmerksam zu machen. Das war für die Kinder keine Einschränkung. Für die Kinder war es gar kein Thema.
Es bezog sich auf Fenster im Eingangsbereich mit schwarzen Plakaten. Wir haben die Informationen über die Eltern-App geteilt. Wir haben die Eltern informiert und in der Woche habe ich die Eltern auch nochmal gezielt angesprochen.
Die Eltern erhalten so viele Informationen. Deswegen nehmen sie das auch gar nicht unbedingt wahr. Über gezieltes Aufmerksam machen und mit Eltern ins Gespräch kommen, passiert viel.
DOMRADIO.DE: Wie waren die Reaktionen von Eltern oder auch Passanten?
Peters: Durchaus unterschiedlich. Es gibt Eltern, die selber im sozialen Bereich arbeiten. Die sind in dem Thema auch noch mal anders drin, weil die das selber mitmachen. Bei Eltern ist das Thema Fachkräftemangel das, was gerade brennt. Sie bekommen das mit und machen sich Sorgen, dass es Notgruppen gibt und die Betreuungszeiten eingeschränkt werden.
Das ist das, was für Eltern gerade das große Thema ist. Darüber ist man mit Eltern gut ins Gespräch gekommen. Viele Eltern haben es auch in den sozialen Medien geteilt, mit Familie und Freunden, um es wirklich breit zu streuen, weil es mit einer einmaligen Aktion nicht getan ist. Das ist etwas, das uns begleiten wird. Es wird nicht heute oder morgen eine Lösung des Fachkräfteproblems geben.
DOMRADIO.DE: Wie haben Sie die Aktionswoche persönlich erlebt und was war für Sie am eindrücklichsten?
Peters: Dass das bei Eltern ein Thema ist, dass Eltern diese Sorge mittragen und dass Eltern da auch bereit sind, sich im Sinne der Kinder und der sozialen Einrichtungen zu engagieren.
DOMRADIO.DE: Können Sie sich vorstellen, eine solche Aktion noch mal zu wiederholen? Oder sagen Sie, das war jetzt einmal gut und wir müssen da anders ran?
Peters: Das ist etwas, was bleibt. Man muss auch dran bleiben, damit das Thema nichts Einmaliges ist. Vielmehr muss man sich immer wieder auch in der Politik in Erinnerung rufen.
Das Interview führte Bernd Hamer.