Vatikan wendet erstmals Normen zu Marienerscheinungen an

Übernatürliche Ursache?

Blutige Tränen rinnen aus den Augen einer Marienfigur, eine Seherin erhält Botschaften von der Muttergottes und Jesus. Alles Hokuspokus oder göttliche Offenbarung? Das bischöfliche Urteil bestätigte nun der Vatikan.

Symbolbild: Eine Marienfigur in Kapelle am Leipsberg / © Rafael Ledschbor (KNA)
Symbolbild: Eine Marienfigur in Kapelle am Leipsberg / © Rafael Ledschbor ( KNA )

Der Vatikan hat erstmals seine neuen Regelungen zur Beurteilung mutmaßlicher übernatürlicher Phänomene angewendet.

Die zuständige Glaubensbehörde bestätigte am Donnerstag das negative Urteil eines Ortsbischofs über angebliche Marienerscheinungen in der Gemeinde Trevignano nahe Rom. Bischof Marco Salvi hatte entschieden, dass es sich nicht um eine übernatürliche Erscheinung handelte.

Das Dokument veröffentliche das Dikasterium auf seiner Website. Es endet mit dem Satz: "Möge die Selige Jungfrau Maria (...) den Gläubigen der Pfarrei von Trevignano Romano Frieden und Ruhe zurückbringen."

In Trevignano hatte eine angeblich weinende Madonnenstatue mitsamt Offenbarungen der Muttergottes an eine Seherin für Aufmerksamkeit gesorgt. Seit 2016 berichtete die Italienerin Maria Giuseppa Scarpulla dort von angeblichen Erscheinungen von Maria, Jesus und Gottvater. Sie traf sich mit ihren Anhängern auf einem Hügel der Gemeinde zu öffentlichen Gebetsfeiern.

Auch der Bischof sah nichts Übernatürliches

Nach einer Untersuchung fällte der örtliche Bischof am 6. März 2024 sein Urteil und verbot darüber hinaus jegliche öffentlichen und privaten religiösen Veranstaltungen am Ort der mutmaßlichen Erscheinungen. Dazu zählen Messfeiern, Gebetstreffen, Wallfahrten und alles weitere, was den Anschein einer kirchlichen Anerkennung vermittle.

Blick auf die Kuppeln des Petersdoms / © bellena (shutterstock)
Blick auf die Kuppeln des Petersdoms / © bellena ( shutterstock )

Die neuen Normen der vatikanischen Glaubensbehörde erleichtern es dem jeweiligen Ortsbischof, in Abstimmung mit dem Vatikan die kirchliche Anerkennung für neue Wallfahrtsorte nach mutmaßlichen Erscheinungen zu erteilen oder zu verweigern.

Er kann nach eingehender Prüfung eine von sechs Kategorien zur Beurteilung wählen, die vom Genehmigungsvermerk "nihil obstat" (keine Einwände) bis zur "Feststellung der Nicht-Übernatürlichkeit" (verbunden mit einem Verbot) reichen. Dass eine Erscheinung tatsächlich übernatürlich war, kann jetzt nur noch der Papst entscheiden - und auch das nur in seltenen Ausnahmefällen.

Glaubenskongregation

Die Glaubenskongregation ist die älteste und in dogmatischen Fragen höchste vatikanische Kurienbehörde. 1542 unter Papst Paul III. als "Kongregation der Römischen und Universalen Inquisition" ins Leben gerufen, sollte sie nach der Reformation den katholischen Glauben rein erhalten, Glaubensverstöße untersuchen und gegebenenfalls bestrafen. 1908 wurde die Inquisitions-Kongregation zum "Heiligen Offizium".

Gebäude der Kongregation für die Glaubenslehre, Palazzo del Sant Uffizio / © Romano Siciliani (KNA)
Gebäude der Kongregation für die Glaubenslehre, Palazzo del Sant Uffizio / © Romano Siciliani ( KNA )
Quelle:
KNA