Militärbundesrabbiner besorgt über Spaltung in Gesellschaft

"Radikalisierung von mehreren Seiten"

Auch in der Bundeswehr gibt es Antisemitismus, sagt der leitende Militärrabbiner Zsolt Balla. Allerdings kehre ihn Deutschland nicht unter den Teppich. Die allgemeine Lage im Land treibt ihn dennoch um, vor allem in Sachsen.

Militärrabbiner Zsolt Balla / © Jörg Carstensen (dpa)
Militärrabbiner Zsolt Balla / © Jörg Carstensen ( dpa )

Militärbundesrabbiner Zsolt Balla blickt mit Sorge auf die im Herbst anstehenden Landtagswahlen in Ostdeutschland. Dies habe nicht nur mit der AfD zu tun, sagte Balla der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Freitag).

Zsolt Balla  / © Markus Nowak (KNA)
Zsolt Balla / © Markus Nowak ( KNA )

"Ich beobachte eine Radikalisierung und Dämonisierung von mehreren Seiten und fürchte eine Spaltung der Gesellschaft", so der 45-jährige jüdische Geistliche, der auch sächsischer Landesrabbiner ist. In Sachsen sehe er eine erhebliche Polarisierung.

"Ich weiß auch nicht, wie Antisemitismus und Rechtsradikalismus beendet werden können, wenn das in den vergangenen siebzig, achtzig Jahren nicht gelungen ist." Der einzige Weg gegen Radikalisierung sei für ihn, "mit allen ins Gespräch zu kommen und sie kennenzulernen".

Auch in der Bundeswehr gebe es ein Problem mit Antisemitismus, sagte Balla. "Es gibt solche antisemitischen und rechtsextremen Vorfälle."

Sechs Rabbiner wollen bei Aufklärung helfen

Auch wenn sie nicht gemeldet wurden, wissen wir davon und kehren sie nicht unter den Teppich." Damit unterscheide sich Deutschland erheblich von anderen Ländern, in denen solche Tendenzen in der Truppe negiert würden.

"Die sechs Rabbiner, die ihren Dienst angetreten haben, und ich werden versuchen, aufzuklären und bei solchen Vorfällen zu unterstützen, allerdings werden wir es leider nicht schaffen, sie völlig zum Verschwinden zu bringen."

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (r) und Rabbiner Avichai Apel nehmen an der Einweihung der Thorarolle für das Militärrabbinat der Bundeswehr in Berlin teil / © Liesa Johannssen (dpa)
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (r) und Rabbiner Avichai Apel nehmen an der Einweihung der Thorarolle für das Militärrabbinat der Bundeswehr in Berlin teil / © Liesa Johannssen ( dpa )

Am Donnerstag wurde das Militärrabinat der Bundeswehr in Berlin offiziell eingeweiht. Im Beisein von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) und dem Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, hatte ein Thora-Schreiber zuvor die letzten Buchstaben einer 40 Meter langen Thora geschrieben. Schon seit 2021 fungiert Balla als Militärbundesrabbiner. Laut Bundesverteidigungsministerium versehen etwa 300 jüdische Soldatinnen und Soldaten ihren Dienst in der Truppe.

Stichwort: Rabbi

In den Evangelien des Neuen Testaments wird Jesus als Rabbi und damit als jüdischer Gelehrter bezeichnet. Diese ehrerbietige Anrede bedeutet "Meister"; in ihr kommen Gehorsam und Respekt zum Ausdruck. Jesus selbst bestätigt, dass ihm diese Anrede zukommt (Joh 13,13). Obwohl Jesus kein studierter Schriftgelehrter ist, tritt er wie ein solcher auf, was diese als Anmaßung empfinden. Er lehrt in der Synagoge, interpretiert die Schrift und hat einen Schülerkreis. Jesu Lehre ist nicht gegen den in der Tora dargelegten jüdischen Glauben.

Symbolbild Thorarolle / © Pedro Gutierrez (shutterstock)
Symbolbild Thorarolle / © Pedro Gutierrez ( shutterstock )
Quelle:
KNA