Der Kölner Sozialpfarrer Franz Meurer (72) verteidigt und kritisiert seinen Chef Rainer Maria Woelki. "Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass der Kardinal eine ehrliche Haut ist", schreibt Meurer in seinem neuen Buch mit Blick auf die Ermittlungen gegen den Erzbischof wegen des Verdachts auf Meineid und falscher eidesstattlicher Versicherungen.
Auch habe sich Woelki intensiv um die Missbrauchsaufklärung bemüht, so Meurer. Zugleich wirft er dem Kardinal vor, aufgelaufene Konflikte juristisch lösen zu wollen. Damit zerstöre er Vertrauen.
Wegen Aufarbeitung von Missbrauch in der Kritik
Woelki steht wegen der Missbrauchsaufarbeitung in der Kritik. Mehrere Klagen gegen die "Bild" Zeitung hat er inzwischen aber überwiegend gewonnen, weil die Zeitung einige ihrer Behauptungen über seinen Umgang mit Missbrauchsfällen nicht beweisen konnte.
Seine Positionen untermauerte der Kardinal, indem er eidesstattliche Versicherungen abgab und Aussagen vor Gericht beeidete.
Aufgrund von Anzeigen ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf Falschaussagen. Ergebnisse wurden vage für den Herbst in Aussicht gestellt.
Fragwürdiger Weg über Recht und die Gerichte
"Aus meiner Sicht ist es der Weg über das Recht und die Gerichte, der das Vertrauen zerstört", schreibt Meurer in seinem am Montag erschienenen Buch "Brandmeister Gottes" (Verlag Herder).
"Er will das Beste, macht aber das Falsche. Er will Recht behalten, auch wenn das Vertrauen in die Kirche verdunstet." Heutzutage baue sich Vertrauen für die meisten Menschen jedoch anders auf als über Recht und Urteile: über Beziehungen, Solidarität und Gemeinschaft.
Wie Woelki wuchs Meurer in der von einem Pfarrer initiierten Kölner Bruder-Klaus-Siedlung auf, in dem in der Nachkriegszeit Ausgebombte, Kriegsrückkehrer- und -flüchtlinge einen Lebensort fanden.
Als katholischer Pfarrer in zwei von Armut gekennzeichneten Kölner Stadtvierteln setzt sich Meurer seit Jahrzehnten für Arme und Arbeitslose ein, so auch in seinem neuen Buch. Themen sind dort neben der Sozial-, Wirtschafts- und Klimapolitik auch die aktuelle Lage der Kirche sowie die Frage nach der Existenz Gottes und einem Leben nach dem Tod.
Blick auf Wähler rechter Parteien
Unter der Überschrift "Die Übersehenen" befasst sich Meurer auch mit der Frage, warum rechte Parteien wie die AfD zunehmenden Zulauf erhalten. Viele Menschen lebten in prekären Verhältnissen und sähen sich nicht wahrgenommen. "Dann wählen sie in Frankreich Le Pen, weil sie sich im rechten Lager irgendwie beachtet fühlen und als Franzosen aufgewertet. In Deutschland erfüllt das die AfD."
Aufgabe der demokratischen Parteien sei es, die Lebenssituation der "Kleinen Leute" in den Blick zu nehmen.