Hoher katholischer Ordensmann sitzt in Belarus in Haft

Welche Straftat soll er begangen haben?

Fast zwei Monate hält das Regime in Belarus den Vorsitzenden der nationalen katholischen Ordenskonferenz, Pater Andrzej Juchniewicz, gefangen. Nun droht ihm nach Angaben von Menschenrechtlern offenbar eine längere Haftstrafe.

Hände hinter Gefängnisstäben / © sakhorn (shutterstock)
Hände hinter Gefängnisstäben / © sakhorn ( shutterstock )

Die Organisation "Christian Vision for Belarus" berichtete am Donnerstag, der Anfang Mai festgenommene Juchniewicz sei von seiner Arrestzelle in eine Untersuchungshaftanstalt überführt worden. Das bedeute, dass ein Strafverfahren gegen ihn laufe. Was genau ihm zur Last gelegt werde, sei noch nicht bekannt.

Menschenrechtsorganisationen hatten den Geistlichen Ende Juni als politischen Gefangenen bezeichnet und seine sofortige Freilassung gefordert. Juchniewicz betreute eine Pfarrei in der Nähe der Großstadt Witebsk im Norden von Belarus.

Im Mai verurteilte ein Gericht ihn zunächst zu 15 Tagen Arrest, weil er auf Facebook Fotos von sich mit der ukrainischen Flagge und der von der belarussischen Opposition genutzten historischen weiß-rot-weißen Landesflagge gepostet haben soll.

Verbreitung extremistischen Materials

Laut "Christian Vision" wurde die Arreststrafe anschließend wegen angeblicher Verbreitung extremistischen Materials verlängert. Dabei handelt es sich ebenfalls um eine Ordnungswidrigkeit. Nun beschuldige die Justiz Juchniewicz einer unbekannten Straftat, heißt es.

Die katholische Kirche äußerte sich dazu bisher nicht. Ein gemeinsam mit dem Pater am 8. Mai festgenommener Mitbruder von der Ordensgemeinschaft der Oblatenmissionare war nach zehn Tagen Arrest freigekommen. Inzwischen soll er nach Polen ausgereist sein. Beide Geistliche sind belarussische Staatsbürger.

Neben Juchniewicz ist seit November der katholische Pfarrer Henryk Akalatowitsch inhaftiert. Die Behörden werfen ihm Landesverrat vor, wofür das Gesetz bis zu 15 Jahre Haft vorsieht. Menschenrechtsorganisationen zählen auch Akalatowitsch zu den aktuell 1.407 politischen Gefangenen in Belarus.

Behörden unterdrücken Kritik am Regime

Seit den landesweiten Protesten im Sommer 2020 gegen die zugunsten von Machthaber Alexander Lukaschenko manipulierte Präsidentenwahl unterdrücken die Behörden in Belarus mit aller Härte Kritik am Regime. Sie gingen wiederholt auch gegen die katholische Kirche vor, zu der sich rund zehn Prozent der Belarussen bekennen. Seit September 2022 wird den Katholiken die Nutzung einer bedeutenden Kirche am Unabhängigkeitsplatz in Minsk verboten. Offizielle Begründung: angebliche Sicherheitsmängel.

Wegen der massiven staatlichen Repression halten sich die katholischen Bischöfe in Belarus mit öffentlicher Kritik an Menschenrechtsverletzungen zurück. EU und Europarat forderten die Regierung in Minsk bisher erfolglos auf, alle aus politischen Gründeninhaftierten Menschen freizulassen.

Katholische Kirche in Belarus

Die römisch-katholische Kirche hat in Belarus (Weißrussland) seit dem Ende der Sowjetunion 1991 einen starken Aufschwung erlebt. Die Zahl der Pfarreien vervierfachte sich auf rund 500; mehr als 1 Million der 9,4 Millionen Einwohner sind nach Kirchenangaben katholisch. Ein relativ großer Teil von ihnen gehört der polnischen Minderheit an, besonders im Westen von Belarus.

Kreuze im Grenzgebiet zwischen Polen und Belarus / © Kasia Strek (KNA)
Kreuze im Grenzgebiet zwischen Polen und Belarus / © Kasia Strek ( KNA )
Quelle:
KNA