DOMRADIO.DE: Mit dem neuen Song "Regenbogen GbR" werden die Jugendlichen und Sie beim Christopher Street Day an diesem Wochenende in Köln an- und auftreten. Zwei Termine wird es am Freitag geben. Wie groß ist die Vorfreude?
Michael Kokott (Leiter Kölner Jugendchor St. Stephan): Wir fiebern dem entgegen. Es sind zwar Ferien, aber es sind vom Chor noch viele da und alle, die da sind, freuen sich, ein Zeichen zu setzen.
Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass die Kirche auch bei so einer Veranstaltung vertreten ist. Es ist ja eine politische Veranstaltung, bei der man aber auch Haltung zeigen kann.
DOMRADIO.DE: Welche Botschaft, welches Zeichen wollen Sie mit dem neuen Lied setzen?
Kokott: Das Lied heißt "Regenbogen GbR". Das ist der Traum von einer kunterbunten Welt. Wir wollen mit diesem Lied einfach für Vielfalt und Toleranz einstehen. Das kommt, glaube ich, in diesem Lied auch sehr schön zum Ausdruck.
DOMRADIO.DE: Es gibt leider auch viel Wirbel in Köln vor dem Auftritt beim CSD, nicht nur rund um den Jugendchor, sondern generell rund um die Beteiligung der katholischen Kirche. Die solle sich da raushalten, wenn es um queer und homosexuell geht, heißt es in einer entsprechenden Petition. Macht Ihnen diese Unruhe Sorgen?
Kokott: Wir haben Ähnliches vor 22 Jahren erlebt. 2002 wollten wir beim CSD auftreten. Das hat uns der damalige Erzbischof Joachim Kardinal Meisner dann verboten. Das war damals eine andere Zeit.
Heute ist es, glaube ich, nicht mehr so aufgeregt. Es gibt natürlich die mediale Aufregung, das ist aber eher dem Sommerloch geschuldet. Ich glaube, das interessiert heute auch gar keinen mehr groß.
Und was da jetzt mit der Petition im Internet veranstaltet wurde mit angeblich über 20.000 Unterschriften, aber keinem Gesicht, keiner Person, die dahinter steht, ist fragwürdig. Man kann bei Tiktok und bei Instagram Follower kaufen. Ich vermute, dass man da einfach Unterschriften gekauft hat. Das ist doch sehr speziell, finde ich.
DOMRADIO.DE: Das heißt, Sie haben auch nie daran gedacht, irgendwie mal zurückzuziehen oder die Auftritte abzusagen?
Kokott: Natürlich habe ich daran gedacht. Ich weiß, dass vor 22 Jahren bei mir das Telefon nicht still stand. Da gab es welche, die gesagt haben, wir müssten das durchziehen und es gab welche, die sagten, wie wir denn überhaupt auf den Gedanken kämen, dass der Jugendchor St. Stefan bei so einer gottlosen Veranstaltung auftritt?
Es gab auch Unterstützer, die gesagt haben, falls es irgendwie Kritik gebe oder falls Leute sagen sollten, dass wir das nicht dürften, dann würden sie uns unterstützen. Also, es ist jetzt ein medialer Hype geworden, der die Leute gar nicht interessiert.
DOMRADIO.DE: Wie gehen die Jugendlichen damit um?
Kokott: Die Jugendlichen verdrehen die Augen. Die denken, dass dies doch das Normalste auf der Welt ist. Sie wundern sich, dass man darüber überhaupt noch diskutiert.
DOMRADIO.DE: Wie sieht der Auftritt am Freitag aus?
Kokott: Um 19:15 Uhr beginnen wir auf der Hauptbühne auf dem Heumarkt, machen da 20 Minuten Programm und dann sind wir auf dem Alter Markt. Zum ersten Mal ist die Kirche da im offiziellen Programm vertreten. Wir dürfen dann da zusammen mit dem Travestiekünstler Julie Voyage, der früher auch mal Mitglied des Jugendchor St. Stephan war, eine halbe Stunde Programm machen.
DOMRADIO.DE: Wie finden Sie denn persönlich die Einstellung der katholischen Kirche hier in Köln, beim CSD im wahrsten Sinne des Wortes Flagge zu zeigen?
Kokott: Ich finde es gut. Ich finde es auch mutig. Stadtdechant Robert Kleine hat sich in erster Front dafür eingesetzt. Das ist nicht selbstverständlich, auch in heutiger Zeit nicht. Ich finde es klasse, dass er das macht und vielleicht auch gegen interne Widerstände macht, die es wahrscheinlich auch geben wird. Aber wenn man so was nicht macht, dann wird sich auch nichts verändern.
Das Interview führte Carsten Döpp.