Abtreibungsrecht in Argentinien durch Sparpolitik bedroht

Historischer Rückschritt?

Frauenrechte werden in Argentinien laut Maria Teresa Bosio immer weiter eingeschränkt. Die Wissenschaftlerin ist Teil eines Netzwerks von Katholikinnen für das Recht auf Schwangerschaftsabbruch. Mileis Politik wirkt dagegen.

Autor/in:
Malte Seiwerth
Symbolbild Frau mit einem Schwangerschaftstest / © Dean Drobot (shutterstock)
Symbolbild Frau mit einem Schwangerschaftstest / © Dean Drobot ( shutterstock )

Frauenrechte werden in Argentinien laut der Wissenschaftlerin und Aktivistin Maria Teresa Bosio immer weiter eingeschränkt. So sei der Rückschritt bei den Bestimmungen zu Sexualität und Reproduktion historisch, sagte die Professorin der Universität von Córdoba dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Wir nähern uns Zuständen wie in den USA, wo es auf die Provinzen ankommt, ob und wie Frauen Zugang zu legalen Abtreibungen oder kostenlosen Verhütungsmitteln haben."

Javier Milei, Präsident von Argentinien, bei seinem Amtsantritt  / © Mariano Campetella (KNA)
Javier Milei, Präsident von Argentinien, bei seinem Amtsantritt / © Mariano Campetella ( KNA )

Die Regierung des rechtslibertären Präsidenten Javier Milei habe aufgehört, die öffentlichen Gesundheitseinrichtungen mit Medikamenten zu versorgen, die für einen Schwangerschaftsabbruch nötig sind, kritisierte Bosio. Auch die kostenlose Vergabe von Verhütungsmitteln sei gestoppt worden.

Versorgungsprobleme 

Um das nach einem langen Kampf der Frauen 2020 gesetzlich verankerte Recht auf Abtreibung weiterhin zu garantieren, springen laut Bosio die Provinzregierungen beim Kauf der Medikamente ein. Dies geschehe allerdings nur nach Bedarf und ohne dass ein Vorrat bereitstehe, erläuterte die Aktivistin, die einem Netzwerk von Katholikinnen für das Recht auf Schwangerschaftsabbruch angehört. "Dass weiterhin Abtreibungen vorgenommen werden, liegt am Gesundheitspersonal, das für ein Recht auf Abtreibung einsteht."

Die Situation führe aber zu einem Flickenteppich, da die Versorgungsprobleme je nach der politischen Ausrichtung der Provinzregierung stärker oder schwächer ausfielen. Die Sozialwissenschaftlerin forscht derzeit zu den Auswirkungen dieser Politik und geht unter anderem dem Verdacht nach, dass es bereits wenige Monate nach Mileis Amtsantritt im Dezember Frauen gibt, die für eine Abtreibung in eine andere Provinz reisen müssen.

"Das Einzige, was Milei interessiert, ist die schwarze Null"

Hintergrund für den Versorgungsstopp durch die Regierung ist die Sparpolitik. "Das Einzige, was Milei interessiert, ist die schwarze Null", sagt Bosio. Das gehe mit massiven Einsparungen einher, auch bei der Finanzierung anderer Medikamente, beispielsweise gegen Krebs. Den Austeritätsmaßnahmen fielen zudem besonders Institutionen zum Opfer, die sich für die Menschenrechte einsetzten, wie das aufgelöste Frauenministerium.

Argentinien war Ende 2020 das zweite lateinamerikanische Land nach Guyana, das ein Recht auf Abtreibung eingeführte. Bosio glaubt nicht, dass nun ein Abtreibungsverbot droht, das würde zu viele Proteste hervorrufen. "Das Recht auf Abtreibung ist für viele Menschen eine rote Linie", ist sie sicher. Deshalb wähle die Regierung den Weg, ihr unliebsame soziale Rechte totzusparen.

Quelle:
epd