Papst Franziskus verfolgt aus Sicht des Kirchenhistorikers Jörg Ernesti einen "prophetischen" Kurs, indem er den Zentralismus in der katholischen Kirche abbaut.
"Sie darf nicht von einer Person abhängen, sei sie auch noch so charismatisch", sagte Ernesti dem Internetportal katholisch.de (Montag). Mit seinem Konzept der Synodalität werte Franziskus die einzelnen Ortskirchen auf und hebe ihre Zusammenarbeit mit dem Papsttum hervor.
Immer größere Herausforderungen für das Papstamt
Der Augsburger Kirchenhistoriker, der soeben ein Buch über die Geschichte der Päpste seit 1800 veröffentlicht hat, sieht immer größere Herausforderungen für das Papstamt. "Ein Papst ohne mediale Ausstrahlung, ohne persönliches Charisma, ohne politisches Gewicht, ist nicht mehr vorstellbar. Schwächere Gestalten im Papstamt kann man sich nicht mehr leisten."
Die katholische Kirche sei ein großer Tanker und allein unter Franziskus um 150 Millionen auf fast 1,4 Milliarden Katholiken gewachsen. Dabei gebe es unterschiedliche Geschwindigkeiten in der Wahrnehmung von Modernität oder moderner Gesellschaft.
"Wenn Sie sich mit mehreren Päpsten beschäftigen, stellen Sie fest, dass ein Pontifex sehr viele Rücksichten nehmen, vieles austarieren muss. Er kann auch nicht so handeln, wie es ihm sonst persönlich liegen würde. Dieser Zwiespalt lässt sich auch bei Franziskus feststellen."