Erzbistum informiert beim NRW-Tag über Freiwilligendienste

"Das macht was mit einem"

Auf dem NRW-Tag in Köln feiert das Bundesland seinen Geburtstag. Bei den Feiern stellen sich auch zahlreiche Organisationen vor. Henriette Schmeiser informiert zu diesem Anlass über "Freiwillige soziale Dienste im Erzbistum Köln".

Autor/in:
Dagmar Peters
Das Logo des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen mit den Buchstaben NRW steht im Foyer des Innenministeriums / © Oliver Berg (dpa)
Das Logo des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen mit den Buchstaben NRW steht im Foyer des Innenministeriums / © Oliver Berg ( dpa )

DOMRADIO.DE: Wo ist denn der Unterschied zwischen Ehrenamt und den Freiwilligendiensten? 

Henriette Schmeiser (Bildungsreferentin im Verein "Freiwillige soziale Dienste im Erzbistum Köln e.V."): Das Ehrenamt ist sehr unterschiedlich. In allen möglichen Bereichen finden wir Ehrenamtler, zum Beispiel auch bei der Tafel, die sich dann einmal die Woche engagieren. Das geschieht auch freiwillig wie im Freiwilligendienst, aber sie haben da zum Beispiel nur mal einen Tag oder einen geringen Stundenumfang. 

Der Freiwilligendienst ist ein ganz unterschiedliches Konzept. Das ist ein Lern- und Orientierungsjahr und findet in der Regel auch ein Jahr lang statt. Es gibt eine feste oder festgelegte wöchentliche Arbeitszeit, wo sich Freiwillige in sozialen Einrichtungen engagieren – und es gibt ein Taschengeld. 

DOMRADIO.DE: Wie kann man das sonst sehen? Das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) geht bis zu einem Alter von 27 Jahren. Und der Bundesfreiwilligendienst? 

Schmeiser: Es gibt den Freiwilligendienst allgemein. Wir haben zwei Dienstarten. Das ist das FSJ, das auf Länderebene geregelt ist. Das geht ab 16 Jahren und bis das 26. Lebensjahr abgeschlossen ist. 

Freiwilliges Soziales Jahr: Eine Mitarbeiterin des Deutschen Roten Kreuzes trägt ein heißes Essen in einer Thermo-Box, um es zu einem Senioren zu bringen / © Felix Kästle (dpa)
Freiwilliges Soziales Jahr: Eine Mitarbeiterin des Deutschen Roten Kreuzes trägt ein heißes Essen in einer Thermo-Box, um es zu einem Senioren zu bringen / © Felix Kästle ( dpa )

Dann haben wir den Bundesfreiwilligendienst (BFD), der auf Bundesebene organisiert ist. Den kann man ab 16 Jahren machen – mit Open End. Im BFD kann man sich also auch im hohen Alter noch engagieren.

DOMRADIO.DE: Kann man das nur einmal im Leben machen oder könnte man so etwas auch zweimal machen? Zum Beispiel einmal, wenn man jung ist und dann später noch einmal. 

Schmeiser: Das FSJ geht tatsächlich einmal im Leben. Den Bundesfreiwilligendienst kann man alle fünf Jahre wiederholen. 

DOMRADIO.DE: Wenn man auf die Homepage Ihres Vereins schaut, gibt es im Erzbistum Köln derzeit 917 Möglichkeiten für eine freiwillige soziale Stelle. Was sind denn so die Klassiker? 

Schmeiser: Wir haben sehr viele Altenheime, in denen Freiwillige tätig sind. Wir haben sehr viele Kindertagesstätten und auch Familienzentren. Das sind die Hauptstellen, aber es gibt auch noch Stellen in Krankenhäusern und Bildungshäusern. Das sind die Bereiche, die wir abdecken. 

DOMRADIO.DE: Dass junge Menschen ein Freiwilliges Soziales Jahr machen, wissen bestimmt die meisten. Aber dass man auch später sogar als Rentner oder Rentnerin so ein Halbjahr oder Jahr machen kann, ist sicher für manche neu. Wie ist denn da der Altersrekord? 

Schmeiser: Ich glaube, der Altersrekord liegt bei Mitte/Ende 70. 

Henriette Schmeiser

"Sie möchten mit ihrer Zeit etwas Sinnvolles erledigen und noch einmal neue Erfahrungen sammeln."

DOMRADIO.DE: Aus welchen Gründen machen ältere Menschen ein Freiwilliges Soziales Jahr? 

Schmeiser: Einfach, um noch mal was zu machen, um in Kontakt zu kommen und um sich zu engagieren. Sie möchten mit ihrer Zeit etwas Sinnvolles erledigen und noch einmal neue Erfahrungen sammeln. Es gibt ganz verschiedene Gründe. Das ist aber oft das, was wir hören. 

DOMRADIO.DE: In welche Bereiche gehen die älteren Freiwilligen?

Schmeiser: Das ist sehr unterschiedlich. Im Altenheim haben wir oft die soziale Betreuung, teilweise noch Pflegetätigkeiten. Wir haben vereinzelt Stellen in Verwaltungen, das sind sehr wenige Stellen, aber da sind auch öfter die über 27-Jährigen eingesetzt. 

Henriette Schmeiser

"Das ist natürlich ein Tapetenwechsel, von dem aber alle profitieren können."

DOMRADIO.DE: Welche Fähigkeiten bringen die älteren Freiwilligen mit, die die jüngeren vielleicht nicht oder noch nicht haben? 

Schmeiser: Das ist eine gute Frage. Die Freiwilligen über 27 haben natürlich eine ganz andere Lebenserfahrung, die sie mitbringen. Je nachdem aus welchem Bereich sie kommen, blicken die auch noch mal komplett anders auf den sozialen Bereich. 

Pflegerin in einem Altenheim / © Marijan Murat (dpa)
Pflegerin in einem Altenheim / © Marijan Murat ( dpa )

Wenn jemand aus einem technischen Beruf kommt und dann im sozialen Dienst im Altenheim arbeitet, dann ist das natürlich ein Tapetenwechsel, von dem aber alle profitieren können. Das würde ich aber auch für den Bereich der unter 27-Jährigen so sagen. 

DOMRADIO.DE: Es gibt ein paar wenige Firmen, die sagen, wenn man einen Freiwilligendienst übernimmt, dann könnte man ein Jahr früher in Rente gehen. Das könnte doch auch mehr Menschen zum Freiwilligendienst locken. Das ist aber eher noch die Seltenheit, oder? 

Schmeiser: Genau. Es gibt den sogenannten "Engagierten Ruhestand". Das ist ein Angebot von vereinzelten Firmen, die sagen, wenn jemand kurz vor der Rente einen Bundesfreiwilligendienst macht, dann ist ein früherer Renteneintritt möglich. 

DOMRADIO.DE: Da muss man sich dann aber selber informieren. Das ist wahrscheinlich sehr selten bei Ihnen, oder?

Schmeiser: Wir haben immer wieder Bewerbungen. Das sind oft Programme, die dann immer wieder aufgelegt werden. Dann kommen bei uns die Bewerbungen rein und dann vermitteln wir die aber auch genauso wie alle anderen Freiwilligen, die sich bei uns bewerben. 

DOMRADIO.DE: Sie arbeiten schon seit zehn Jahren mit den Freiwilligen zusammen. Was ist Ihnen aus dieser Zeit ganz besonders im Gedächtnis geblieben? 

Schmeiser: Es sind viele kleine Momente. Es ist aber auch allgemein ein Bereich, in dem es immer wieder Neues gibt. Ich denke jedes Jahr: "Oh, den Fall hatte ich noch nicht" oder "Das habe ich auch noch nicht gehört". 

Es ist besonders, die Freiwilligen in ihrer Entwicklung zu sehen und zu sehen, wie sie selbst davon profitieren, wie Einrichtungen davon profitieren und wie gleichzeitig in den Einrichtungen die Aufgaben übernommen werden, wozu das Personal oftmals gar nicht kommt. Das ist einfach ein besonderer Wert. 

DOMRADIO.DE: Haben Sie selbst ein Freiwilliges Soziales Jahr gemacht? 

Schmeiser: Ja, ich habe nach dem Abitur in einer Kinderkrippe mein FSJ gemacht. 

Henriette Schmeiser

"Es ist einfach wahnsinnig wertvoll."

DOMRADIO.DE: Wenn Sie gefragt werden, warum Sie das FSJ empfehlen können, was antworten Sie dann den jungen oder auch den älteren Freiwilligen? 

Schmeiser: Es ist ein Lern- und Orientierungsjahr, in dem man erste Erfahrungen im Arbeitsleben mitbringt, wo man seinen eigenen Blickwinkel oder seine eigenen Perspektiven erweitern kann. Es ist ein Jahr, in dem man anderen begegnen kann, zum Beispiel in den Seminaren, die es immer im Freiwilligendienst gibt, aber auch vor allem in den Einsatzstellen. 

Man weiß oft am Anfang gar nicht, was auf einen zukommt. Das macht was mit einem und es ist einfach wahnsinnig wertvoll.

Das Interview führte Dagmar Peters.

Bundesfreiwilligendienst

Der Bundesfreiwilligendienst ist der Nachfolger des Zivildienstes. Der größte Unterschied zum Pendant der einstigen Wehrpflicht: Das BFD-Angebot richtet sich an alle - Frauen und Männer, Junge und Alte, Deutsche und Ausländer. Seit Juli 2011 können sie eine Zeit lang in Krankenhäusern oder Behindertenheimen, aber auch im Bildungs-, Sport- oder Kulturbereich mitarbeiten und sich so für eine menschenfreundliche Zivilgesellschaft einsetzen.

Bundesfreiwilligendienst / © Jens Kalaene/dpa-Zentralbild (dpa)
Bundesfreiwilligendienst / © Jens Kalaene/dpa-Zentralbild ( dpa )
Quelle:
DR