In 35 Fällen seien Anerkennungsleistungen gezahlt worden, insgesamt rund 540.000 Euro, sagte der Rheinische Präses Thorsten Latzel der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Samstag online). Hinzu kämen weitere gut zwei Millionen Euro für 134 Fälle im Gebiet der Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe, die in Heimkontexten passiert seien.
"Wir versuchen, vor Retraumatisierung zu bewahren"
Anerkennungszahlungen seien bereits dann getätigt worden, "wenn Missbrauchsvorwürfe plausibel dargelegt werden", erklärte Latzel. "Denn wir versuchen, Betroffene vor einer Retraumatisierung zu bewahren und sie nicht alles wieder und wieder erzählen zu lassen."
In der bundesweiten Forum-Studie, die die Evangelische Kirche in Deutschland in Auftrag gegeben hatte, waren für die rheinische Kirche 70 Verdachtsfälle auf sexuellen Missbrauch aufgeführt worden. Laut Latzel gingen seit der Einrichtung der Meldestellen im Frühjahr 2021 108 Meldungen ein, die jedoch teilweise eine Schnittmenge mit den 70 in der Studie genannten Fällen aufwiesen oder bei denen sich der Anfangsverdacht nicht erhärtet hätte. "In jedem Fall gibt es aber ein Dunkelfeld, da nicht alle früheren Fälle aktenkundig geworden sind."
"Uns liegt sehr an unabhängiger Aufarbeitung"
Der Präses räumte ein institutionelles Versagen bei Missbrauchsfällen ein, "auch bei Menschen auf den Leitungsebenen unserer Kirche". Es müsse weiterhin untersucht werden, was einzelne Personen gewusst hätten, und wie sie mit dem Wissen über Missbrauchsfälle umgegangen worden sei.
Diese Fragen zu klären, sei Aufgabe der regionalen Aufarbeitungskommissionen, an denen die Kirche mitbeteiligt sei, aber in denen sie keine Mehrheit habe. "Uns liegt sehr an unabhängiger, externer Aufarbeitung unter Einbeziehung der Betroffenen – auch wenn wir als Kirche der Auftraggeber sind", betonte Latzel.