Patriarch von Jerusalem fordert Nahost-Friedensgespräche

Letzte Chance

Im Heiligen Land ist Kardinal Pierbattista Pizzaballa einer der wichtigsten Führer der christlichen Minderheit. Nun hat er in seiner italienischen Heimat über die Lage der Menschen zwischen den Fronten im Nahostkonflikt gesprochen.

Kardinal Pierbattista Pizzaballa / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Kardinal Pierbattista Pizzaballa / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )

Als letzte Chance für den Frieden hat der Patriarch von Jerusalem, Kardinal Pierbattista Pizzaballa, die laufenden Verhandlungen im Nahen Osten bezeichnet. Beim italienischen Katholikentreffen in Rimini sagte er am Dienstag: "Wir befinden uns mit den Gesprächen in einem entscheidenden Moment."

Weiter sagte er: "Der Krieg wird irgendwann enden, und ich hoffe, dass sich mit den Verhandlungen etwas lösen lässt. Ich habe meine Zweifel, aber es ist die letzte Eisenbahn." Auch eine Verschlechterung sei möglich. "Es ist ein schicksalsträchtiger Moment, und deshalb bleibt uns nur noch das Gebet."

Die Auswirkungen des am 7. Oktober mit dem Terrorangriff der Hamas begonnenen Krieges sei präzedenzlos, betonte Pizzaballa. Dies gelte sowohl für die israelische wie für die palästinensische Bevölkerung. "Hass, Groll, Rachegefühle, Misstrauen und die tiefe Unfähigkeit, einander das Existenzrecht anzuerkennen", seien jetzt stärker als je zuvor.

Dialog der Religionsgemeinschaften in der Krise

In dieser Lage hätten die Religionsführer eine besondere Verantwortung. Derzeit jedoch sei auch der Dialog zwischen den Religionsgemeinschaften in einer tiefen Krise. Momentan gelinge es den Religionsführern nicht mehr, öffentlich miteinander zu sprechen.

Die kleine christliche Minderheit im Heiligen Land sei zwar auf der politischen Ebene beinahe irrelevant. Doch allein die Tatsache, dass sie dort seien, habe eine Bedeutung. Pizzaballa gab zu erkennen, dass der Krieg auch die katholische Kirche im Heiligen Land intern stark belaste. Es gebe Katholiken, die als Soldaten in der israelischen Armee kämpften und andere Katholiken, die in Gaza unter israelischem Bombardement lebten.

Drama des Antisemitismus

Mit scharfen Worten verurteilte Pizzaballa bei seinem vielfach von Applaus unterbrochenen Auftritt in Rimini das Wiederaufleben des Antisemitismus. Er bezeichnet ihn als "Drama" und sagte, die religiösen Führer hätten eine besondere Verantwortung dafür, einem Denken entgegenzutreten, das den anderen ausschließe und sein Existenzrecht bestreite. Ein solches Denken sei "ein Moment tiefer Dekadenz der Zivilisation".

Der aus Norditalien stammende Pizzaballa ist als Lateinischer Patriarch von Jerusalem der ranghöchste Vertreter der katholischen Kirche im Heiligen Land. Das Katholikentreffen in Rimini findet seit 1980 alljährlich im August statt. Veranstalter ist eine Stiftung im Umfeld der Gemeinschaft "Comunione e liberazione". Neben Zehntausenden Teilnehmern verfolgen mehrere Huderttausend Zuschauer die Vorträge und Debatten im Fernsehen und in Streamingdiensten.

Christen im Heiligen Land beten um Frieden

In Jerusalem, Bethlehem, Nazareth und weiteren Orten im Heiligen Land beten Christen an diesem Dienstag für Frieden.

Zahlreiche Pfarreien und Ordensgemeinschaften folgten einem entsprechenden Aufruf der katholischen Bischöfe im Heiligen Land folgen, am 17. Oktober einen Tag in Gebet und Fasten für Frieden durchzuführen.

Betende Frau / © KieferPix  (shutterstock)
Quelle:
KNA