Daniel Günther will keine Ablösung der Staatsleistungen

"Absolut untergeordnete Frage"

Schleswig-Holsteins Landesregierung kritisiert das Vorhaben der Bundesregierung, die Staatsleistungen an die Kirchen zu beenden. Sie bezeichnet es als "ein Affront", auch Nordrhein-Westfalen zeigt sich überrascht.

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther / © Markus Scholz (dpa)
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther / © Markus Scholz ( dpa )

Die Umgestaltung beinhaltet, dass keine Zustimmung mehr der Länder im Bundesrat gebraucht wird. Das teilte eine Sprecherin der Landesregierung in Kiel auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) mit. Das Vorhaben berühre die Länderinteressen "in höchstem Maße".

Die Landesregierung in Kiel geht laut Staatskanzlei nicht davon aus, dass ein solches nicht-zustimmungspflichtiges Gesetz gelingen kann. "Insofern wäre der Bund gut beraten, schon allein den Versuch zu unterlassen", so die Sprecherin. 

"Absolut untergeordnete Frage"

Angesichts wichtiger sicherheitspolitischer, industriepolitischer und klimapolitischer Herausforderungen halte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) die Ablösung der Staatsleistungen für eine "absolut untergeordnete Frage". Er erwarte vielmehr von der Ampel-Regierung, "sich um die wirklich wichtigen Fragen" zu kümmern.

Auch NRW zeigt sich überrascht

Auch die Landesregierung Nordrhein-Westfalens zeigt sich überrascht über das Vorhaben der Bundesregierung, die Staatsleistungen an die Kirchen "im Alleingang" ohne die Bundesländer beenden zu wollen. Sie bezweifelt außerdem, dass es verfassungsrechtlich zulässig ist, ein Gesetz dazu ohne Zustimmung des Bundesrats zu erlassen, wie ein Sprecher am Mittwoch in Düsseldorf auf Anfrage KNA mitteilte.

Die NRW-Landesregierung signalisierte nun erneut grundsätzliche Bereitschaft zu Gesprächen über eine Ablösung der Staatsleistungen. In der jüngeren Vergangenheit wurden laut Staatskanzlei erste gemeinsame Vorstellungen zwischen Bund, Ländern und Kirchen zu "einigen der verfassungs- und staatskirchenrechtlich komplexen Fragestellungen" rund um die Ablösung entwickelt. Zentrale Fragen seien aber weiterhin völlig offen, so der Sprecher.

Noch viele Fragen zu klären 

Er verwies auf die finanzielle und gesellschaftliche Dimension dieses Vorhabens und auf anderweitige akute Herausforderungen. Deshalb bestehe im Kreis der Bundesländer "nach wie vor parteiübergreifend Einvernehmen, dass noch viele Fragen zu klären sind, bevor Gespräche für eine Verständigung in den Blick genommen werden können".

Laut Staatskanzlei überrascht das aktuelle Vorhaben der Regierungsfraktionen auch deshalb, weil in deren Koalitionsvertrag stehe, dass ein Bundesgesetz zur Ablösung der Staatsleistungen "im Dialog mit Ländern und den Kirchen" erarbeitet werden solle.

Nordrhein-Westfalen wird nach Angaben der Landesregierung im laufenden Jahr voraussichtlich 14,1 Millionen Euro an die fünf katholischen Bistümer im Land zahlen. 9,6 Millionen gingen an die drei evangelischen Landeskirchen.

Die Bundesländer zahlen der evangelischen und der katholischen Kirche jährlich sogenannte Staatsleistungen. Das sind Kompensationen für frühere Enteignungen von Kirchengütern. Viele Landesregierungen lehnen eine Ablösung der Staatsleistungen ab, vor allem weil die Länder den Kirchen dann Ablösesummen in Milliardenhöhe zahlen müssten. Vertreter der Berliner Ampel-Koalitionsfraktionen hatten vergangene Woche angekündigt, im Herbst ein Gesetz zur Ablösung auf den Weg zu bringen. Es soll so gestaltet sein, dass die Länderkammer nicht zustimmen muss.

Fragen und Antworten zu den Staatsleistungen an die Kirchen

Welche Leistungen des Staates resultieren bis heute aus der Enteignung der Kirchen vor rund 220 Jahren? Die weltlichen Landesherren haben im sogenannten Reichsdeputationshauptschluss von 1803 eine Vielzahl unterschiedlichster Leistungspflichten und Entschädigungszahlungen übernommen, die unter dem Begriff Staatsleistungen zusammengefasst sind. Dazu gehören etwa Baulasten für kirchliche Gebäude, Zuschüsse zur Besoldung des Klerus und viele andere Geld- und verschiedenste Sachleistungen.

Kirche aus gefalteten Geldscheinen / © Julia Steinbrecht (KNA)
Kirche aus gefalteten Geldscheinen / © Julia Steinbrecht ( KNA )
Quelle:
KNA