Westpapua hofft auf Papstworte zu Frieden und Gerechtigkeit

Nur wenige können anwesend sein

In Westpapua in Indonesien ist die römisch-katholische Kirche die größte Einzelkonfession. Der jahrzehntelange Konflikt zwischen Regierung und Separatisten im größten muslimischen Land hat bis zu 500.000 Menschenleben gefordert.

Autor/in:
Michael Lenz
Kirche in Arborek Island, West Papua, Indonesien / © Marius Dobilas (shutterstock)
Kirche in Arborek Island, West Papua, Indonesien / © Marius Dobilas ( shutterstock )

Kurz vor der Ankunft von Papst Franziskus in Indonesien haben die Katholiken der mehrheitlich christlichen Provinz Westpapua die Regierung in Jakarta aufgefordert, die Zivilbevölkerung besser vor Gewalt zu schützen. "Die Gewalt in Papua hat sich von sporadischen, gelegentlichen, unregelmäßigen Vorfällen in ein permanentes und strukturiertes, andauerndes, kontinuierliches und weit verbreitetes System verwandelt", heißt es in einem Report, der am 23. August veröffentlicht wurde.

Papst Franziskus / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

Die Veröffentlichung des Dokuments kurz vor der Ankunft des Papstes am 2. September sei zeitlicher Zufall, sagte Pater Alexandro Rangga vom "Sekretariat für Gerechtigkeit, Frieden und Integrität der Schöpfung" der Franziskaner im Erzbistum Jayapura, der Katholischen Nachrichten-Agentur. "Wir veröffentlichen jedes Jahr um diese Zeit einen Bericht zu einem Themenschwerpunkt." Der diesjährige Report werde von vier der fünf Bischöfe Westpapuas unterstützt. "Einer hat sich nicht geäußert."

Gewalt durch indonesische Sicherheitskräfte wie durch Rebellengruppen ist in Westpapua an der Tagesordnung. Nach Angaben von Amnesty International waren zwischen Januar 2018 und Juni dieses Jahres Sicherheitskräfte und Rebellen an 236 Tötungen von Zivilisten beteiligt.

Erst die Niederländer, dann die Indonesier

Papua, eine ehemalige niederländische Kolonie, erklärte 1961 seine Unabhängigkeit. Bald darauf annektierte jedoch Indonesien das Gebiet durch ein Referendum, das bis heute von vielen als Farce angesehen wird. 1962 bildete sich in Papua eine separatistische Unabhängigkeitsbewegung. Indonesien sah sich veranlasst, eine starke Militärpräsenz in der rohstoffreichen, aber unterentwickelten Provinz aufrechtzuerhalten.

Kirche in Indonesien / © Mia Woolgar (shutterstock)

Kirchliche Gruppen verurteilten die Versuche der indonesischen Regierung, durch militärische Interventionen die politische Kontrolle über Papua zu erlangen. Darüber hinaus protestierten sie gegen die unkontrollierte Ausbeutung der reichen natürlichen Ressourcen, die Beschlagnahmung von Land der Ureinwohner und die zunehmende Ansiedelung von meist muslimischen Menschen, die von außerhalb kamen.

Regierungskritiker im Visier der Polizei

"Bis Anfang August 2024 haben wir in Papua mehrere besorgniserregende Dinge im zivilen, politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Bereich festgestellt", hieß es in dem Report der Kirchenführer. Die schwierige Sicherheitslage sei "auch ein komplexes humanitäres Problem". Die Gewalt füge den Menschen in Papua zudem "psychische Wunden" zu. Die Menschen glaubten nicht mehr an die Versprechen der Regierung und fühlten sich belogen.

Polizisten in Indonesien / © Akhmad Dody Firmansyah (shutterstock)
Polizisten in Indonesien / © Akhmad Dody Firmansyah ( shutterstock )

Vor allem wenn es um die Forderung nach Unabhängigkeit geht, kennt der indonesische Staat kein Pardon. Selbst wer die Morgenstern-Flagge Westpapuas hisst, wird gnadenlos verfolgt. Die Gewalt- und Menschenrechtssituation in Indonesiens östlichster Provinz ist ein Tabu. Armee, Polizei und Geheimdienste nehmen Kritiker der Westpapua-Politik Jakartas ins Visier. Journalisten, Menschenrechtsorganisationen sowie Organisationen der Vereinten Nationen ist der Zutritt zu Westpapua verboten.

Aber die Katholiken fordern ihre Bischöfe auf, nicht länger zu Gewalt und Unterdrückung in Westpapua zu schweigen. Ihre Appelle richteten sich vor allem an die Bischofskonferenz. Auch mit dem Vatikan sind Westpapuas Katholiken nicht glücklich. Erst nach langen, regelmäßigen Protesten vor der Kathedrale in Jayapura, die eine Berufung von Papuanern forderten, ernannte Papst Franziskus mit Yanuarius Theofilus Matopai You den ersten Westpapuaner zum Erzbischof.

Erzbischof: Kann keine Kompromisse machen

Seit seiner Ernennung äußert sich You immer wieder zu Menschenrechten. "Die Kirche hat die Pflicht, für die Menschlichkeit zu kämpfen, für die Menschenwürde, das Gemeinwohl, die Grundrechte der Menschen. Die Kirche ist dazu berufen... und kann dabei keine Kompromisse eingehen", sagte er im November 2022 dem asiatischen Mediendienst Uca-News. Bei jeder sich bietenden Gelegenheit werde er dafür sorgen, dass andere Diözesen Indonesiens sowie die Kirchen in Asien und der Welt Papuas humanitären Problemen Aufmerksamkeit schenkten.

Deshalb hoffen und beten die Katholiken dort auch, Papst Franziskus möge bei seinem Besuch im 3.500 Kilometer entfernten Jakarta auch die Lage in ihrer Heimat ansprechen. "Aber wie wir hören, wird er sich dazu nicht äußern", sagt Rangga. Einer der Bischöfe werde aber Franziskus eine Kopie des Dokuments übergeben.

Im Nachbarland könnte Papst deutlicher werden

Zudem könne der Papst das Thema Westpapua in Vanimo ansprechen. Die Stadt liegt nur 97 Kilometer von Jayapura entfernt, gehört aber zu Papua Neuguinea, der zweiten Station der elftägigen Papst-Reise zu insgesamt vier asiatisch-pazifischen Ländern. Und da eine Reise zum Papst nach Jakarta für die meisten Westpapuaner zu teuer wäre, können mit Unterstützung der Behörden 180 Katholiken aus Jayapura nach Vanimo reisen.

Franziskus hat Erfahrung damit, wie er auf Reisen sensible Themen anspricht, ohne seine Gastgeber zu vergrätzen. 2017 war der Papst von den Bischöfen Myanmars gebeten worden, während seines Aufenthalts in Yangon nichts über die wenige Monate zuvor auf brutalste Weise von der Armee nach Bangladesch vertrieben 700.000 Rohingya zu sagen. Bei seinem anschließenden Besuch in Bangladesch wurde Franziskus dann um so deutlicher.

Verhältnis von Staat und Religion in Indonesien

In Indonesien gibt es sechs anerkannte Religionen, den Islam (ca. 87% der Bevölkerung), die evangelische und katholische Kirche (zusammen etwa 9%), den Hinduismus (2%, vornehmlich auf Bali und in Ostjava); den Buddhismus (und Taoismus, etwa 1%) und den Konfuzianismus; außerdem Naturreligionen (etwa 1%).

Kirche in Indonesien / © lil-mo (shutterstock)
Quelle:
KNA