DOMRADIO.DE: Warum hilft es nicht nur mir, sondern auch meinen Hinterbliebenen, wenn ich mich frühzeitig um mein Testament kümmere?
Petra Gessenich (Beim katholischen Hilfswerk missio zuständig für Nachlässe): Tatsächlich fällt es den meisten Menschen schwer, sich mit dem Tod auseinanderzusetzen. Und wenn nicht damit, dann doch oft mit den Formalitäten, die mit dem Schreiben eines Testaments zum Beispiel verbunden sind. Es fällt ihnen schwer, sich endgültig festzulegen, endgültig zu sagen, was sie möchten, was sie denken und wie sie ihre Werte und Vorstellungen in ihrem Testament unterbringen wollen.
Aber wenn sie es einmal gemacht haben, ist das meist sehr beruhigend. Es hilft zu wissen, dass man alles geregelt hat, dass alles geregelt ist. Das wiederum gibt den Hinterbliebenen gerade auch in der Trauerzeit Klarheit und Hilfestellung. Denn viele sind in dieser Situation überfordert und froh, genau zu wissen, was der oder die Verstorbene gewünscht hat.
DOMRADIO.DE: Was sind denn die wichtigsten Fragen, die es in diesem Zusammenhang zu bedenken gilt?
Gessenich: Erst einmal muss ich natürlich überlegen: Was habe ich überhaupt zu vererben? Wer oder was liegt mir am Herzen? Wem möchte ich etwas hinterlassen? Ich sollte auch Dinge wie die Grabpflege bedenken, wer sich darum kümmern soll.
Wenn ich Bedenken habe, dass das in der Familie schwierig werden könnte, kann ich einen Testamentsvollstrecker einsetzen, der sich um die Abwicklung des Nachlasses kümmert. Daneben gibt es auch noch rechtliche Dinge, die ich im Auge haben muss: Schreibe ich das Testament selbst oder gehe ich zu einem Notar und mache es dort? Auch das sind Überlegungen, die ich im Vorfeld treffen sollte.
DOMRADIO.DE: Warum kann es durchaus sinnvoll sein, sich Rat bei Fachleuten zu holen?
Gessenich: Das kann in vielerlei Hinsicht hilfreich sein. Denn es ist leicht, schon beim Verfassen eines Testaments Fehler zu begehen. Wenn ich etwa ein handschriftliches Testament machen möchte, muss ich eine gesetzliche Form einhalten und bestimmte Vorschriften beachten. Zum Beispiel muss ich wissen, dass ich mein Testament tatsächlich eigenhändig schreiben muss. Ich kann es also nicht etwa von jemanden anders schreiben lassen, weil meine Handschrift vielleicht nicht mehr so gut lesbar ist.
Außerdem muss ich das Testament mit Ort und Datum versehen und es selbst unterschreiben. Mache ich das nicht, ist das ganze Testament nicht wirksam und mein Wille kann nicht so umgesetzt werden wie gewünscht.
Eine andere Gefahr ist, dass meine Formulierungen nicht eindeutig sind und es hinterher Auslegungsprobleme gibt, die mitunter als Erbstreitigkeiten vor Gericht enden. Dann wird dort womöglich etwas entschieden, was ich eigentlich gar nicht gewollt habe. Um so etwas vorzubeugen kann es ratsam sein, sich Hilfe zu holen.
DOMRADIO.DE: Vielen ist gar nicht bewusst, dass sie auch gemeinnützig vererben können. Was sollte man darüber wissen?
Gessenich: Gemeinnützig vererben hat tatsächlich viele Vorteile. Zum Beispiel, dass das, was da vererbt wird, komplett in die jeweilige Projektarbeit fließt. Gemeinnützige Vereine sind nämlich von der Erbschaftssteuer befreit. Egal ob es dann um ein kleines Vermächtnis oder auch ein großes Erbe geht, fließt alles ohne Steuerabzüge in die Projektarbeit.
Unserer Erfahrung nach gibt es Menschen, die vielleicht schon recht alt sind, um die herum bereits alle verstorben sind und niemand mehr da ist, dem oder der sie etwas hinterlassen könnten. Sie könnten dann ein Hilfswerk wie uns als Erben einsetzen, dann kümmern wir uns um den gesamten Nachlass. Von der Bestattung bis zur Grabpflege, vom Ausräumen der Wohnung und Behördengängen und bis hin zur Abwicklung von Versicherungen und Bankkonten übernehmen wir dann alle Dienstgänge.
Unserer Erfahrung nach ist das oft eine große Hilfe und auch eine große Sicherheit für die Erblasser, weil sie die Dinge dann in guten Händen wissen.
DOMRADIO.DE: Warum ist es darüber hinaus für manche Menschen hoffnungsstiftend, wenn sie ihr Erbe für etwas spenden, das ihnen selbst im Leben schon wichtig war?
Gessenich: Für uns Christen endet das Leben nicht mit dem Tod. Wir können uns auf das Kommende freuen und geben anderen Menschen von dem, was wir hier auf der Erde erschaffen haben, etwas ab und können damit auch deren Leben freudvoller gestalten. Ich glaube, dieser Gedanke vermittelt Hoffnung und Freude, dass wir in diesem Leben doch etwas weitergeben können.
DOMRADIO.DE: Sie von missio bieten Beratung rund ums Erben, Vererben und Testament-Schreiben an. Wie genau funktioniert das?
Gessenich: Eine Rechtsberatung im eigentlichen Sinne können und dürfen wir nicht durchführen. Dafür sind Rechtsanwälte, Notare und Steuerberater zuständig. Wir geben aber gerne telefonisch Informationen über allgemeine Dinge, etwa was die Gestaltung eines Testaments betrifft. Wir haben Materialien zusammengestellt, die wir an die Spender weitergeben.
In unserer Testaments-Broschüre ist zum Beispiel aufgeschlüsselt, woran man denken muss, wenn man ein Testament schreibt, um rechtlich auf der richtigen Seite zu sein; da ist alles vermerkt, was wichtig ist. Auch unseren Leitfaden "Vorkehrungen für den Todesfall" kann ich nur empfehlen. Er hilft auch trauernden Angehörigen, weil sie dann wissen: Wo sind Unterlagen, wo hat der Verstorbene was hinterlegt? Bei welchen Banken oder Versicherungen hat er Verträge?
Diese Unterlagen stellen wir gern interessierten Spendern zur Verfügung und bieten außerdem Info- Veranstaltungen der Erbschaftsinitiative an, einer gemeinsamen Initiative der katholischen Hilfswerke. Sie werden von Rechtsanwälten geleitet und finden sowohl online auch als auch in Präsenz statt.
Am 23. September etwa gibt es wieder das Onlineseminar "Wie schreibe ich mein Testament?" Das ist eine gute Hilfestellung, um in das Thema hineinzufinden, die Scheu zu verlieren, und sein Testament tatsächlich zu schreiben.
Das Interview führte Hilde Regeniter.