Jesuitenpater zieht positives Fazit der Papstreise

"Von Altersmüdigkeit keine Spur"

Pater Holger Adler hat Papst Franziskus in Singapur als munter und gut gelaunt erlebt. Der Besuch des Pontifex habe den Menschen und ihrem Glauben gut getan. In einem Punkt hätte sich der Seelsorger mehr vom Papst erwartet.

Autor/in:
Jan Hendrik Stens
Kardinal William Goh Seng Chye (l.), Erzbischof von Singapur, gibt Papst Franziskus die Hand bei einer Begegnung des Papstes mit Geistlichen am 13. September 2024 in Singapur. / © Vatican Media/Romano Siciliani/KNA (KNA)
Kardinal William Goh Seng Chye (l.), Erzbischof von Singapur, gibt Papst Franziskus die Hand bei einer Begegnung des Papstes mit Geistlichen am 13. September 2024 in Singapur. / © Vatican Media/Romano Siciliani/KNA ( KNA )

DOMRADIO.DE: Sie haben Papst Franziskus in den letzten Tagen zweimal erlebt. Einmal bei einer Privataudienz mit den Jesuiten, dann im Nationalstadion. Wie hat der Papst auf Sie gewirkt, am Ende dieser doch sehr langen Reise im hohen Alter von 87 Jahren? 

Pater Holger Adler SJ (privat)
Pater Holger Adler SJ / ( privat )

Pater Holger Adler (Jesuit und Leiter der deutschsprachigen katholischen Gemeinde St. Elisabeth in Singapur): Ich fang mal mit dem Mittwoch an, wo die Jesuiten von Malaysia und Singapur in kleiner Zahl den Papst in einer Privataudienz getroffen haben. Ich war gespannt, wie er sich zeigt. Ich habe ihn, obwohl sitzend im Rollstuhl, voller Energie erlebt, nicht erschöpft, nicht unkonzentriert, obwohl Singapur die letzte Station der Reise war. Von Altersmüdigkeit keine Spur. 

Er war sehr gesprächig, war zu Scherzen aufgelegt. Ich denke, dass ihm solche Begegnungen gefallen, wo kein Protokoll stattfindet. Ich habe auch mit einem Schweizergardisten gesprochen. Offensichtlich geht es Franziskus immer ein bisschen besser, wenn er auf Reisen ist, als wenn er sich im Vatikan aufhält.

Pater Holger Adler

"Ich denke, dass ihm solche solche Begegnungen gefallen, wo kein Protokoll stattfindet."

Im Stadion bei der Messe erlebt man es immer bei öffentlichen Messen, dass Franziskus vom Sitz aus die Liturgie führt. Aber es zelebriert dann immer der Kardinal vor Ort. Das war auch hier der Fall. William Goh hat zelebriert und der Papst war hinten auf dem hohen Stuhl dabei. Da wirkte er ein bisschen müde, denn es gab viele Termine an dem Tag. 

Eucharistiefeier bei einer Messe mit Papst Franziskus in Singapur. / © Vatican Media/Romano Siciliani/KNA (KNA)
Eucharistiefeier bei einer Messe mit Papst Franziskus in Singapur. / © Vatican Media/Romano Siciliani/KNA ( KNA )

DOMRADIO.DE: Kommen wir auf die Inhalte seiner Ansprachen zu sprechen. Singapur gilt als ein Musterbeispiel des friedlichen Zusammenlebens unterschiedlicher Religionen und Weltanschauungen. Gleichzeitig wird der Stadtstaat aber auch sehr autoritär regiert. Die Todesstrafe ist auch an der Tagesordnung. Wie hat sich Papst Franziskus auf diese unterschiedlichen Aspekte in seinen Ansprachen eingelassen? 

Adler: Im Gespräch mit uns Jesuiten war das kein Thema. Da ging es eher um interne Themen und darum, was die Jesuiten sich wünschen, was der Papst sich von uns in dieser Region wünscht. Welche Vision hat der Papst mit Asien? Wo sollen wir Schwerpunkte setzen? Die anderen Ansprachen habe ich nur zum Teil verfolgt. Aber zum Thema Todesstrafe hat er, soviel ich weiß, nichts gesagt. 

Papst Franziskus in Singapur / © Gregorio Borgia (dpa)
Papst Franziskus in Singapur / © Gregorio Borgia ( dpa )

Ich hätte mir ein bisschen mehr erwartet, auch dass er etwas zum Thema Klimaschutz sagt, gerade in Singapur, weil hier die Sitze großer Firmen sind und von hier aus auch mehr Einfluss auch im Sinne von "Laudato si" ausgeübt werden könnte. Da hat er sich eher zurückgehalten.

Die Predigt gestern ging eher in Richtung "We are one world, we are one family", also eine Kirche, eine Welt, wir gehören alle zusammen. Eher die Beschwörung der Einheit aller Katholiken. 

Pater Holger Adler

"Ich hätte mir ein bisschen mehr erwartet, dass er etwas zum Thema Klimaschutz sagt, gerade in Singapur."

DOMRADIO.DE: Sie selbst sind erst seit sechs Wochen Seelsorger in Singapur. Wie erleben Sie die Kirche dort, die zwar nur eine kleine Minderheit ist, aber stetig wächst? 

Adler: Mein Eindruck war sowohl bei den Jesuiten aus Malaysia und Singapur als auch bei den Menschen gestern im Stadion, dass sie das Gefühl haben, dass er endlich zu ihnen kommt. Ein Papst kommt mal wieder zu Besuch. Der letzte war Johannes Paul II., der in den 1980er Jahren da war. Wir sind im Mittelpunkt, in seinem Mittelpunkt. Und es geht nicht nur um Europa.

Das war gestern im National Stadion zu spüren, dass wir hier nicht am Rand der Welt sind, sondern dass in Asien wirklich viel vorangeht und die Menschen sehr engagiert sind. Die Sehnsucht nach mehr Wahrnehmung auch vom Zentrum der katholischen Kirche in Rom, hat den Leuten gestern viel gegeben. 

Pater Holger Adler

"Die Sehnsucht nach mehr Wahrnehmung auch vom Zentrum der katholischen Kirche in Rom, hat den Leuten gestern viel gegeben."

DOMRADIO.DE: Man merkt das auch an Franziskus' Personalpolitik. Singapur hat seit zwei Jahren einen Kardinal, das ist etwas Neues. Was wird von diesem Papstbesuch bleiben? 

Adler: Ich hoffe, dass da viel Schwung bleibt. Die Menschen waren gestern schon sehr angetan und konzentriert. Die Messe war sehr jesuitisch schlicht: nur eine Lesung, kein Credo, Fürbitten sehr knapp. Im Gegensatz zu den Vorgängern von Papst Franziskus, wo Liturgie eher ausschweifend gefeiert wurde, war das überhaupt nicht der Stil.

Ich glaube, dass die Leute schon Schwung kriegen, vor allem die Priester und die Orden, die hier arbeiten. Allein dadurch, dass wir hier in Asien wahrgenommen werden. Wir müssen mal sehen, wie sich der Katholizismus in Singapur weiterentwickelt. Da habe ich noch nicht so viele Einblicke, weil ich so viele Mitbrüder, Kolleginnen und Kollegen noch nicht sprechen konnte. 

Das Interview führte Jan Hendrik Stens.

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Papst Franziskus besteigt auf dem internationalen Flughafen Leonardo Da Vinci ein Flugzeug. Franziskus beginnt eine viertägige Reise nach Bahrain. / ©  Domenico Stinellis/AP (dpa)
Papst Franziskus besteigt auf dem internationalen Flughafen Leonardo Da Vinci ein Flugzeug. Franziskus beginnt eine viertägige Reise nach Bahrain. / © Domenico Stinellis/AP ( dpa )
Quelle:
DR