Frankreichs Bischöfe wollen Offenheit zu Abbe Pierre

"Mehr Transparenz vom Vatikan"

Vor einigen Tagen bezeichnete Papst Franziskus den unter Missbrauchsverdacht stehenden Armenpriester Abbe Pierre als "schlimmen Sünder". Aber was wusste der Vatikan über die Verfehlungen des einst populären Geistlichen?

Ein Bildnis von Henri Groues, bekannt als Abbe Pierre und Gründer der Emmaus-Bewegung, in der Kirche Saint-Firmin in Esteville (Frankreich) / © Corinne Simon (KNA)
Ein Bildnis von Henri Groues, bekannt als Abbe Pierre und Gründer der Emmaus-Bewegung, in der Kirche Saint-Firmin in Esteville (Frankreich) / © Corinne Simon ( KNA )

Angesichts von Missbrauchsvorwürfen gegen den als "Vater der Obdachlosen" bekanntgewordenen französischen Armenpriester Abbe Pierre (1912-2007) fordern Frankreichs katholische Bischöfe mehr Transparenz vom Vatikan.

"Ich bringe respektvoll den Wunsch zum Ausdruck, dass der Vatikan eine Archiv-Untersuchung vornimmt und mitteilt, was der Heilige Stuhl gewusst hat - und wann er es gewusst hat", schrieb der Bischofskonferenz-Vorsitzende Eric de Moulins-Beaufort in einer aktuellen Erklärung.

Erzbischof Eric de Moulins-Beaufort / © Corinne Simon (KNA)
Erzbischof Eric de Moulins-Beaufort / © Corinne Simon ( KNA )

Der Erzbischof von Reims räumte ein, dass bereits in den 1950er Jahren "zumindest einige Bischöfe" von sexuellen Verfehlungen Abbe Pierres gewusst hätten. Zwar seien wegen des problematischen Verhaltens gegenüber Frauen Maßnahmen ergriffen worden, darunter eine psychiatrische Behandlung. All dies sei aber vertraulich geschehen und müsse im Nachhinein als unzureichend bewertet werden.

De Moulins-Beaufort bekräftigte den Willen der französischen Kirche, in der Angelegenheit für Aufklärung zu sorgen. "Ich rufe alle anderen Institutionen und Organisationen auf, das Gleiche zu tun. Das sind wir den Opfern schuldig", betonte er.

Zahlreiche Anschuldigungen

Gegen den einst gefeierten Abbe Pierre waren in den vergangenen Monaten Anschuldigungen wegen sexueller Übergriffe auf zahlreiche Frauen im Laufe seines langen Lebens bekannt geworden. Auch Minderjährige sollen betroffen gewesen sein. Kürzlich hatte die Bischofskonferenz erklärt, ihr Archivmaterial über den Priester Forschern und Journalisten zur Verfügung zu stellen. Ohne die Freigabe wären die Dokumente erst 75 Jahre nach dem Tod Abbe Pierres - also 2082 - einsehbar gewesen.

Abbé Pierre / © KNA (KNA)
Abbé Pierre / © KNA ( KNA )

Auch Papst Franziskus meldete sich in der Causa zu Wort. Auf dem Rückflug von seiner Asien-Pazifik-Reise am Freitag bezeichnete er Abbe Pierre als "schlimmen Sünder". Es sei gut, dass solche Fälle aufgedeckt würden, so das Kirchenoberhaupt.

In Frankreich galt Abbe Pierre viele Jahre als eine Art nationale Ikone. Der Name, unter dem er bekannt wurde, stammt aus dem Zweiten Weltkrieg, als er in der Resistance Widerstand gegen die deutschen Besatzer leistete. Lange stand der Sozialaktivist auf Platz eins der beliebtesten Franzosen. 

Kirche in Frankreich

Die katholische Kirche in Frankreich zählt zu den traditionsreichsten und geistesgeschichtlich wichtigsten in Europa. Marksteine ihrer reichen Geschichte sind etwa für das christliche Mittelalter die Taufe von Frankenkönig Chlodwig, die Reichskirche Karls des Großen ("Charlemagne"), die großen Ordensbewegungen und das "Zeitalter der Kathedralen"; weiter die Religionskriege des 16./17. Jahrhunderts, die nationalkirchliche Strömung des "Gallikanismus", die Aufklärung und die Französische Revolution. Zu Frankreichs Kulturerbe gehören ungezählte Klöster und Kathedralen von Weltrang.

Französische Fahne / © Rick Hawkins (shutterstock)
Quelle:
KNA