DOMRADIO.DE: Wie sieht es denn mit dem Abwärtstrend der Kirchenmitglieder in Österreich aus? Ist der da gestoppt?
Klaus Prömpers (Journalist): Noch nicht ganz. Gegenüber 2021 hat die katholische Kirche in Österreich noch einmal nach ihren eigenen Angaben 200.000 Gläubige verloren. Schaut man auf die Gottesdienstbesucher, sind es noch weniger. Insgesamt zählt die Kirche immer noch 4,64 Millionen Mitglieder. Guckt man auf die Gottesdienstbesucher, dann sind das so um die 350.000. Guckt man dazu noch auf TV- und Radionutzer von Gottesdiensten, kommt noch immer eine Million dazu.
Das heißt, es gibt schon ein gebrochenes Interesse an dem, was Kirche veranstaltet und macht. Taufen gab es im letzten Jahr 2023 rund 40.000, aber es gab auch rund 85.000 Austritte.
Der Sprecher des Erzbischofs von Wien, Michael Prüller, sagte dazu, dass sich die Kirche im Status einer Minderheitenkirche befindet, die eine "kreative Minderheit sein will". Wie das laufen soll, weiß die Kirche, glaube ich, selber noch nicht ganz genau, aber sie unternimmt erste Schritte in diese Richtung.
DOMRADIO.DE: Diese ersten Schritte haben mit dem Thema Finanzierung zu tun. Wie wird in Österreich über Kollekte und Spenden hinaus Geld geriert?
Prömpers: Es gibt einen Kirchenbeitrag, der sich nach dem Einkommen richtet und mindestens 1,1 Prozent des steuerpflichtigen Einkommens umfassen sollte. Es gibt dazu Kirchenbeitragsstellen, die das eintreiben. Daneben gibt es die Möglichkeit, in diesem Jahr 400 Euro, im nächsten Jahr 600 Euro von der Steuer abzusetzen, die man gegenüber dem Staat schuldig ist.
In der Summe ergab dies Einnahmen für die katholische Kirche in Jahr 2023 von insgesamt etwas über 511 Millionen Euro. Das ist ein ganzer Batzen Geld, deckt aber keineswegs alle Ausgaben ab. Die Ausgaben betragen 729,8 Millionen Euro. Da gibt es also einen Unterschied.
Das wird teilweise durch Spenden, Kollekten, Erträge aus Vermietung, Verpachtung und anderen Einnahmen sowie aus einem Zuschuss der Kirche wegen der NS-Zeit in Höhe von etwa 61 Millionen Euro gedeckt.
DOMRADIO.DE: Ab 2025 sollen die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler eine neue Möglichkeit bekommen. Welche denn?
Prömpers: Erstmals sollen alle Diözesen in Österreich diese Möglichkeit haben, die es in Wien, Salzburg und Linz schon gibt. Sie sollen nämlich persönlich einen Teil ihres Kirchenbeitrages zweckbestimmt abgeben können. Das heißt konkret, dass sich die Katholiken aussuchen für bis zu 50 Prozent des zu zahlenden Kirchenbeitrages aussuchen können, ob sie das für die Pfarrei, für die Umwelt, für die Dritte Welt, für die Bildung, für die Verkündigung oder für die Kultur innerhalb der Kirche ausgeben wollen.
Auch die Caritas, die Schwangerenberatung, die Ehe- und Familienberatung oder Telefonseelsorge fiele im Rahmen der Kirche darunter. Da kann man sich für drei Jahre festlegen. Nach drei Jahren läuft das automatisch aus. Dann kann man das erneuern und auch umsteuern.
Durch diese Regelung wird ein Beitrag von etwa 250 Millionen Euro nun als Zugriffsmöglichkeit für die Gläubigen gesehen, gezielter dort zu helfen, wo sie helfen wollen. Das ist eine Forderung, die häufig schon erhoben worden ist.
DOMRADIO.DE: Das ist auch der Versuch, die Kirche attraktiver zu machen und den Gläubigen entgegenzukommen. Denken Sie, das wird sich auch wieder in den Zahlen niederschlagen?
Prömpers: Das Problem ist ja im Moment, dass die Kirche wie alle anderen gesellschaftlichen Gruppen darunter leidet, dass nach der Pandemie die Rückkehr der Menschen nur sehr langsam und schleppend verläuft. Ob das die große Wende sein wird, wage ich zu bezweifeln.
Aber es kann natürlich sein, dass es dazu führt, dass weniger Menschen austreten, weil sie nun selbstbestimmter mit ihrem Geld umgehen können, was sie der Kirche und den ihnen anverwandten Organisationen geben können. Also wenn einer beispielsweise für Jugendarbeit mehr machen will, kann er das jetzt gezielt tun und muss sich nicht darauf verlassen, dass die Diözese da etwas tut.
Das Interview führte Hilde Regeniter.