Würzburg hat keinen "Kardinal-Faulhaber-Platz" mehr

"Nach längerem Diskurs"

Lang war gerungen worden, nun ist es vollzogen. Der Würzburger "Kardinal-Faulhaber-Platz" heißt seit Freitag "Theaterplatz". Der Oberbürgermeister enthüllte das neue Schild und sprach von einem bewusstem Umgang mit der Vergangenheit.

Blick auf Würzburg / © leoks (shutterstock)

Aus dem "Kardinal-Faulhaber-Platz" in Würzburg ist der "Theaterplatz" geworden. Oberbürgermeister Christian Schuchardt (CDU) enthüllte am Freitag das neue Straßennamensschild im Beisein von Gästen, wie die Stadt mitteilte. Die Umbenennung markiere einen bewussten Umgang mit der Vergangenheit und sei das Ergebnis eines demokratischen Prozesses, sagte Schuchardt: "Ich bin froh, dass wir nach längerem Diskurs im Stadtrat zu einer gemeinsamen Entscheidung gefunden haben."

Der frühere Erzbischof von München und Freising, Kardinal Michael von Faulhaber (1869-1952), stammte aus Unterfranken und erhielt in Würzburg seine theologische Ausbildung. Bis heute umstritten ist seine Rolle in der Zeit des Nationalsozialismus. Zwischen 1911 und 1952 fertigte er in einer inzwischen nicht mehr gebräuchlichen Form der Stenografie fast täglich private Notizen im Umfang von rund 4.000 Seiten an.

Online-Edition der Tagebücher

Faulhaber hielt fest, was ihn bewegte und mit wem er zusammentraf, von der Kaiserzeit bis in die jungen Jahre der Bundesrepublik. Auf Beiblättern schrieb er ausführliche Überlegungen nieder. Seit 2015 läuft das wissenschaftliche Projekt einer kritischen Online-Edition. Die Aufzeichnungen werden nach und nach im Internet veröffentlicht.

Der neue Name für den Platz ist laut dem Oberbürgermeister nicht nur ein neutraler Begriff, sondern auch eine Hommage an die kulturelle Bedeutung sowie die prägende Architektur dieses Ortes. So erhebe sich direkt gegenüber das imposante, neue Gebäude des Mainfranken Theaters. Schuchardt hofft, dass sich ein lebendiger Raum entwickeln möge, an dem sich Menschen begegneten und austauschten. Nach dem Bau der neuen Straßenbahnlinie solle der Theaterplatz gemäß den Ergebnissen mehrerer Workshops und eines städtebaulichen Wettbewerbs zu einer grünen Oase gestaltet werden.

Katholische Kirche und der Weltkrieg

"Der Krieg hat den bösen Ruf, er sei Hoch-Zeit des Hasses. Er ist auch eine Hoch-Zeit der Liebe." Als der katholische Bischof von Speyer, Michael von Faulhaber, am 9. August 1914 deutsche Soldaten im dortigen Dom empfing, rühmte er den Krieg als Erzieher und Überwinder sittlichen Verfalls. So wie der spätere Münchner Kardinal und mutige Hitler-Gegner begrüßten viele katholische Bischöfe und Priester den Ausbruch des Ersten Weltkriegs im Sommer 1914.

Feldgottesdienst im Ersten Weltkrieg (epd)
Feldgottesdienst im Ersten Weltkrieg / ( epd )
Quelle:
KNA