Die dritte Bürgermeisterin Judith Jörg (CSU) stellte den Antrag, den Platz gegenüber dem Mainfranken-Theater nach der kürzlich in Würzburg verstorbenen CSU-Politikerin und einstigen Landtagspräsidentin Barbara Stamm zu benennen. Abgestimmt werden kann darüber aber erst in einer späteren Sitzung.
Umstrittene Haltung des Kirchenmanns während der NS-Zeit
In der Debatte ging es vor allem um die umstrittene Haltung des Kirchenmanns während der NS-Zeit. Der Rat setzte sich mit seiner Entscheidung über das Ergebnis eines von der Stadt selbst ausgerichteten Expertengesprächs im vergangenen Sommer hinweg. Dort hatten sich alle geladenen Historikerinnen und Historiker gegen eine Umbenennung ausgesprochen und stattdessen eine historische Einordnung in Form einer zusätzlichen öffentlichen Information vorgeschlagen.
Der langjährige Münchner Kardinal Michael von Faulhaber (1869-1952) stammte aus Unterfranken und erhielt in Würzburg seine theologische Ausbildung. Er gilt als eine der markantesten Persönlichkeiten unter den deutschen Bischöfen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Seine Haltung zu Adolf Hitler und der NS-Bewegung wird von vielen Forschern als "zwiespältig" beschrieben. So glaubte Faulhaber lange an einen möglichen Ausgleich zwischen dem "Führer" und der katholischen Kirche. Der Platz in Würzburg erhielt auf Beschluss des Stadtrats ein Vierteljahr nach Faulhabers Tod seinen Namen.
Kritik von Bischof Jung
Bischof Jung kritisierte in seiner Stellungnahme, dass der Stadtrat das einstimmige Votum ausgewiesener Experten "letztlich für irrelevant erklärt" habe. "Dieser politische Umgang mit historischer Wissenschaft ist ausgerechnet in einer Universitätsstadt sehr fragwürdig."
Kritische Urteile über Personen und ihr Handeln seien "berechtigt und notwendig", so der Bischof. "Ebenso sollte der kritische Blick auf die eigene Geschichte vor allzu großer Selbstsicherheit beim Handeln in der Gegenwart bewahren", fügte er hinzu. "Das Bistum Würzburg wird Kardinal Michael Faulhaber als einer der bedeutendsten Persönlichkeiten der katholischen Kirche in Deutschland im 20. Jahrhundert auch weiterhin ein ehrendes Gedenken bewahren."