Papst Franziskus trifft EU-Kommissare

Kirche soll sich auf den Kern besinnen

In Belgien trifft Papst Franziskus eine Kirche in der Krise. Für ihn ist das kein Grund zur Resignation. Am Samstagmorgen besuchten ihn Vertreter internationaler Organisationen sowie amtierende und ehemalige Repräsentanten der EU.

Papst Franziskus winkt lächelnd bei der Generalaudienz am 15. Mai 2024 auf dem Petersplatz im Vatikan.
Papst Franziskus winkt lächelnd bei der Generalaudienz am 15. Mai 2024 auf dem Petersplatz im Vatikan.

Angesichts der Glaubenskrise in Europa hat Papst Franziskus die katholische Kirche zur Rückbesinnung auf das Wesentliche aufgefordert. Sie solle sich darauf konzentrieren, dass "die gute Nachricht, die Jesus in die Welt gebracht hat, wieder allen verkündet wird und in ihrer ganzen Schönheit erstrahlt". Der Papst äußerte sich bei einer Begegnung mit Hunderten Geistlichen, Ordensleuten und Kirchenaktivisten in der Sacre-Coeur-Basilika von Koekelberg bei Brüssel.

Zur Krise der Kirche sagte der Papst: "Jede Krise ist eine Zeit, die uns gegeben ist, damit wir aufgerüttelt werden, uns Fragen stellen und uns verändern. Sie ist eine kostbare Gelegenheit (...), um aus unserer Bewegungslosigkeit aufgeweckt zu werden und die Wege des Geistes wiederzufinden." Die Kirche im Westen habe sich entwickelt von einer Kirche in der gesellschaftlichen Komfortzone hin "zu einem Minderheits-Christentum, oder besser, zu einem Christentum des Zeugnisses". Dies erfordere den Mut zur Umkehr.

Missbrauch hat mit Macht zu tun

Ausführlich sprach der Papst auch über den sexuellen Missbrauch in der Kirche. Er sagte: "Missbrauch verursacht furchtbares Leid und Wunden und bedroht auch den Glaubensweg. Und es braucht sehr viel Barmherzigkeit, so dass wir nicht mit einem Herz aus Stein vor dem Leid der Opfer verharren; damit wir ihnen unsere Nähe zeigen und ihnen jede mögliche Hilfe anbieten können; damit wir von ihnen lernen (...) eine Kirche zu sein, die sich zur Dienerin aller macht, ohne irgendjemanden zu knechten."

Ausdrücklich sprach er in seiner mehrfach von Beifall unterbrochenen Ansprache auch über den Zusammenhang von klerikaler Macht und sexuellem Missbrauch und sagte: "Eine Wurzel der Gewalt liegt im Missbrauch von Macht, wenn wir die Funktionen, die wir innehaben, dazu benutzen, andere zu erdrücken oder zu manipulieren"

"Rückkehr zum Evangelium"

Mehrfach mahnte der Papst eine offene Kirche an, die Menschen mit unterschiedlichen Ausrichtungen Raum bietet. Er sagte: "In der Kirche ist Platz für alle und keiner muss eine Kopie des anderen sein. Die Einheit in der Kirche ist nicht Gleichförmigkeit, sondern sie besteht darin, Harmonie in der Vielfalt zu finden!"

Mit Blick auf die aktuellen synodalen Beratungsprozesse für eine Reform der Kirche erklärte der Papst: "Der synodale Prozess muss eine Rückkehr zum Evangelium sein; er darf nicht irgendeine 'modische' Reform unter seine Prioritäten aufnehmen, sondern er muss fragen: Was können wir tun, damit das Evangelium in einer Gesellschaft ankommt, die nicht mehr darauf hört oder sich vom Glauben entfernt hat? Diese Frage sollten wir uns alle stellen." Die Kirche solle ihre Türen nie verschließen und jedem Menschen "eine Öffnung ins Unendliche" anbieten, so der Papst.

Mitglieder der EU-Kommission

Papst Franziskus hat im Rahmen seines Staatsbesuchs in Belgien zwei EU-Kommissare sowie zwei führende Vertreter der Weltgesundheitsorganisation WHO getroffen. Wie das vatikanische Presseamt bekanntgab, fand das Treffen am Samstagmorgen in der Apostolischen Nuntiatur in Brüssel statt.

Laut der Mitteilung traf der Papst den noch bis November amtierenden griechischen Vizepräsidenten der EU-Kommission, Margaritis Schinas, sowie die kroatische Kommissarin Dubravka Suica. Sie wird voraussichtlich in der neuen EU-Kommission für die Länder des Mittelmeerraums und die südlich davon gelegenen Nachbarn zuständig sein. Ferner begrüßte der Papst die Repräsentantin der WHO bei der EU, die Moldauerin Oxana Domenti, und den WHO-Regionalleiter für Europa, den Belgier Hans Kluge.

Besuche von EU-Institutionen waren beim knapp viertägigen Papstbesuch in Luxemburg und Belgien nicht vorgesehen. Franziskus hatte bereits im November 2014 das EU-Parlament und den Europarat in Straßburg besucht. Der Vatikanstaat ist nicht Mitglied der EU, gehört aber zum Euro-Raum.

Quelle:
KNA