Friedensimpuls aus Jerusalem von Abt Nikodemus

Ein Jahr Krieg

Demnächst jährt sich der Überfall der Hamas auf Israel. Damit verbunden sind zahlreiche Erinnerungen an Momente des Leides, auf allen Seiten. Abt Nikodemus hingegen wagt den Rückblick auf einen Moment der Hoffnung.

Pater Nikodemus Schnabel / © Julia Steinbrecht (KNA)
Pater Nikodemus Schnabel / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Der Oktober des Jahres 2024 beginnt. Hier im Heiligen Land in Jerusalem geht das nicht, ohne daran zu erinnern, was vor einem Jahr passiert ist. Ganz furchtbare, schreckliche Gedanken kommen hoch. 

Für viele der jüdischen Israelis ist es der 7. Oktober, dieser furchtbare Tag, wo Menschen brutalst ermordet, vergewaltigt und entführt wurden. Darunter befanden sich übrigens auch vier christliche Glaubensgeschwister aus den Philippinen. 

Für die Palästinenser, gerade die christlichen Palästinenser, ist es vor allem der 19. Oktober, als die israelische Luftwaffe durch einen Luftschlag 17 christliche Palästinenser in Gaza-Stadt tötete, die im Pfarrzentrum der griechisch-orthodoxen Porphyrius-Kirche Zuflucht gesucht hatten. 

Und so könnten wir sehr viele Leidensgeschichten mehr erzählen. Von allen Seiten, von vielen Menschen dieses Landes. Es ist ein Ozean von Leid, der uns seitdem umgibt. 

Auch uns Mönche. Für mich ganz persönlich ist der 17. Oktober ein ganz wichtiger Tag. Es war ein Tag des gemeinsamen Fastens und Betens, als wir als Mönche zusammen mit unseren Studierenden des Studienjahres und vielen anderen Menschen von Jerusalem hier in dieser Kirche 24 Stunden unter dem Kreuz ausharrten. 

Abt Nikodemus Schnabel OSB

"Der 17. Oktober war ein Tag, der sich wider alle Hoffnung als ein Tag der Hoffnung in mein Herz eingebrannt hat." 

24 Stunden, während derer wir alle Psalmen gebetet haben. Wir haben, wie es in einem Hymnus heisst, diese Planke gespürt, die uns aus dem Schiffbruch des Leidens rettet. 

Wir haben gespürt, dass wir keine eigenen Worte haben, sondern dass wir diesen uralten Worten der Psalmen vertrauen. Und ich muss sagen, das war ein Tag, der sich wider alle Hoffnung als ein Tag der Hoffnung in mein Herz eingebrannt hat. 

Und so möchte ich Sie fragen: Was sind Ihre Quellen der Hoffnung? Was sind Ihre Planken, an denen Sie sich festhalten? Wenn Sie wirklich in einer Krise sind, wenn Sie nicht mehr weiterwissen? Vielleicht sind es ja auch die Psalmen. Vielleicht haben Sie einen Lieblingspsalm.

Ich kann Ihnen nur sagen: Schauen Sie in dieses wunderbare Gebetsbuch, was uns Mönche tagtäglich begleitet, von morgens bis abends. Ich wünsche Ihnen viel Trost und Hoffnung für die Zukunft hier vom Berg Zion. Ihr Abt Nikodemus. 

Quelle:
DR