Prediger stimmt Weltsynode auf kulturelle Gräben ein

"Giftiger Gegensatz zwischen Traditionalisten und Progressiven"

Vier theologische Impulse hat Pater Radcliffe den Teilnehmern der Weltsynode vor ihren Beratungen mitgegeben. Am zweiten Besinnungstag macht er den Teilnehmern Mut, auch wenn er vom post-westlichen Zeitalter und den Spannungen sprach.

Priester und Dominikaner Timothy Radcliffe hält eine Ansprache während der Weltsynode am 9. Oktober 2023 im Vatikan. / © Lola Gomez/CNS photo (KNA)
Priester und Dominikaner Timothy Radcliffe hält eine Ansprache während der Weltsynode am 9. Oktober 2023 im Vatikan. / © Lola Gomez/CNS photo ( KNA )

Der englische Dominikanerpater Timothy Radcliffe hat den Teilnehmern der Weltsynode im Vatikan Mut gemacht. Am Dienstag, dem zweiten Besinnungstag vor Beginn der Beratungen, sagte er: "Wir müssen es wagen, darauf zu vertrauen, dass die göttliche Vorsehung diese Synode reichlich segnen wird. (...). Wir sind nicht hier, um eine karge Mahlzeit einzunehmen, sondern um die Haute Cuisine des Reiches Gottes zu genießen", so der Ordensmann. Als größte Herausforderung bezeichnete er die Einbeziehung aller Kulturen. Dies sei noch bedeutsamer als die Überwindung des "giftigen Gegensatzes zwischen Traditionalisten und Progressiven" und einer Polarisierung, die dem Katholizismus fremd sei.

In Anspielung an eine Erzählung in der Bibel fragte Radcliffe: "Wie können wir das Netz mit seinen Fischen aus allen Kulturen der Welt einholen? Wie kann das Netz nicht zerrissen werden?" Weiter führte der langjährige Generalmeister des weltweiten Dominikanerordens aus: "Wir leben in einer multipolaren Welt, in der viele Menschen aus dem globalen Süden den Westen als dekadent und dem Untergang geweiht ansehen. Wir leben in einer post-westlichen Welt."

"Viele fühlten sich verraten"

Radcliffe ging auch auf den Streit in der Kirche um die Segnung Homosexueller ein. Als der Vatikan diese im vergangenen Jahr mit dem Dokument "Fiducia supplicans" genehmigte, hätten sich viele Mitglieder der Synode verraten gefühlt. Doch die Kirche könne nur dann zu einer Vertrauensgemeinschaft werden, wenn alle "das Risiko eingehen, einander zu vertrauen, auch wenn wir verletzt worden sind", betonte der Geistliche und fuhr fort: "Wir vertrauen darauf, dass diese Synode mit der Gnade Gottes Früchte tragen wird, auch wenn wir nicht vorhersehen können, welche das sein werden, und es vielleicht nicht das ist, was wir uns wünschen."

Ausführlich sprach Radcliffe über die Pflicht der Kleriker, Rechenschaft gegenüber der Basis abzulegen. Er erklärte: "Ein Versagen der Transparenz und der Rechenschaftspflicht korrumpiert den Kern der priesterlichen Identität. Die Transparenz von Petrus, dem Sünder, ist die Grundlage seiner Autorität. Es kann keine Vertuschung geben. Von uns wird nicht erwartet, dass wir alle unsere Sünden offen bekennen, aber zumindest dürfen wir keine Heuchler sein. Das Volk Gottes ist schnell bereit, alles zu vergeben, außer Heuchelei."

Katholische Kirche erlaubt Segnung für homosexuelle Paare

Homosexuelle Paare können ab sofort auch in der katholischen Kirche gesegnet werden. Die vatikanische Glaubensbehörde veröffentlichte am Montag eine Grundsatzerklärung, wonach katholische Geistliche unverheiratete und homosexuelle Paare segnen dürfen. In dem Text mit dem Titel "Fiducia supplicans" (deutsch: Das flehende Vertrauen) wird betont, dass dabei eine Verwechslung mit einer Eheschließung ausgeschlossen werden muss. Auch darf ein Geistlicher den Segen nicht im Rahmen eines Gottesdienstes erteilen.

Ein Regenbogen leuchtet über dem Petersdom vor dem Beginn der wöchentlichen Generalaudienz von Papst Franziskus im Vatikan / © Gregorio Borgia (dpa)
Ein Regenbogen leuchtet über dem Petersdom vor dem Beginn der wöchentlichen Generalaudienz von Papst Franziskus im Vatikan / © Gregorio Borgia ( dpa )
Quelle:
KNA