DOMRADIO.DE: Experte also Delegierter ohne Stimmrecht. Wie fühlt sich das an? Fühlt man sich dann doch in zweiter Reihe, wenn man nicht abstimmen kann?
Thomas Schwartz (Hauptgeschäftsführer des katholischen Osteuropahilfswerks Renovabis): Man sitzt in der gleichen Reihe wie jeder andere. Ich bin kein Experte, sondern ein ständiger oder besonderer Gast. Die Experten haben ihre eigenen Aufgaben.
Ich bin ein ganz normales Mitglied der Synode, brauche aber am Schluss nicht die Verantwortung der Abstimmung zu übernehmen. Dafür übernehme ich andere Aufgaben, wie zum Beispiel heute und morgen Sekretär meiner Arbeitsgruppe zu sein. Und das ist wichtig: Alles zusammenzubringen, was an den Tischen gesagt wird. Das macht das Ganze spannend.
Im Blick auf die Abstimmung des Schlussdokumentes bin ich eher entspannter, weil das tatsächlich nicht meine Aufgabe ist.
DOMRADIO.DE: Das ist doch auch gut, oder? Dabei zu sein, das historische Ereignis mitzubekommen, aber ohne diese Verantwortung zu haben...?
Schwartz: Es ist fast olympisch: mitrennen und dabei sein ist alles. Und mitreden zu können, Entscheidungen mit vorbereiten und prägen zu können mit den eigenen Erfahrungen, mit dem, was man aus Deutschland und vielen Gesprächen in Osteuropa mitbringt. Das ist schon ein Privileg, das mich sehr bereichert hat und mich auch weiterhin aufrecht hält. Denn diese vier Wochen schlauchen schon ziemlich.
DOMRADIO.DE: Die großen Konfliktthemen, wie zum Beispiel die Stellung der Frau in der Kirche, sind ausgeklammert und werden nicht in der Synode diskutiert. Offiziell zumindest. Von den Synodalen wird das Thema trotzdem aufgebracht. Entwickelt die Synode da ein wenig Eigendynamik?
Schwartz: Die Synode hat in der Tat schon gleich am Anfang eine Eigendynamik entwickelt, insofern sie nämlich nach den ersten Zwischenberichten der Synode darauf gedrungen hat, dass sich am 18. Oktober alle synodalen Mitglieder mit den Koordinatoren der zehn Arbeitsgruppen treffen können.
Da können sie ihre Vorstellungen einbringen und diese dokumentiert in die Gruppen hineintragen. Die Synode hat Selbstbewusstsein entwickelt, das kann sich auch noch weiter entfalten. Aber da ist etwas losgetreten worden, was vielleicht der eine oder andere am Anfang gar nicht gedacht hat.
DOMRADIO.DE: Die Diskussionen finden dabei nicht öffentlich statt. Trotzdem sickern durch verschiedene Medien Inhalte an die Öffentlichkeit, doch nur durch die Erzählungen von Teilnehmenden. Wäre es aus Ihrer Sicht nicht besser gewesen, direkt öffentlich zu tagen?
Schwartz: Das weiß ich nicht. Ich glaube, dieser Modus, diese Art und Weise des geschützten Miteinander-Redens, hat schon viele Vorteile. Denn man kann mit einer Offenheit, mitunter auch Klarheit und einer Bereitschaft, aufeinander zu hören - die manche aus dem Parlamentsbetrieb in Deutschland erstaunen würde - Dinge sagen, die man sonst nicht sagen würde.
Die Diskretion im Sinne des geschützten Gesprächs in der Aula habe ich als wohltuend und entspannend wahrgenommen in dem Sinne, dass kein öffentlicher Druck aufgebaut wird. Und viele Synodale haben mir auch bestätigt, dass das so sei.
DOMRADIO.DE: Diese und kommende Woche wird noch beraten. Ein bisschen Arbeit liegt also noch vor Ihnen. Was erwarten Sie sich von den Beschlüssen? Oder wird es am Ende nur heißen, wir haben gut diskutiert und Synodalität gelebt, ohne dass sich wirklich etwas verändert?
Schwartz: Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass es zu Beschlüssen kommen wird. Das bedeutet, dass wir konkrete Vorschläge für die Änderung des Kirchenrechtes formulieren werden. Auch dafür, wie denn Synodalität in Zukunft das Leben der Kirche gestalten soll. Und zwar nicht nur ganz oben bei Synoden, sondern bis hinunter in die Pfarrgemeinden und in die kirchlichen Vereinigungen.
Es muss auch, denke ich, da klar gemacht werden: Was heißt denn eigentlich, wie es im Instrumentum laboris (Arbeitsdokument zur Weltsynode, Anm. d. Red.) heißt, "heilsame Dezentralisierung"? Was können wir auf nationaler, regionaler, kontinentaler Ebene alleine machen? Und wo ist es wichtig, dass wir zusammenbleiben; dass wir uns immer wieder hören, damit wir auch das einende Band nicht vergessen?
So etwas in einem Schlussdokument zu haben, das halte ich für ganz wichtig. Und da bin ich ziemlich vertrauensvoll gestimmt, dass die Synodenmütter und -väter dazu auch etwas zu sagen haben werden.
Das Interview führte Katharina Geiger.