Theologen protestieren gegen Vereinnahmung Bonhoeffers in den USA

Widerstand gegen Hitler als Legitimation für politische Gewalt

In einem offenen Brief kritisieren Theologen die Vereinnahmung des NS-Widerstandskämpfers durch christliche Nationalisten in den USA. Unter den Kritikern sind auch die ehemaligen Ratsvorsitzenden der EKD.

Dietrich Bonhoeffer (dpa)
Dietrich Bonhoeffer / ( dpa )

Christliche Nationalisten beriefen sich in der aufgeheizten Stimmung in den USA immer häufiger auf Dietrich Bonhoeffer (1906-1945). Sein Leben und Werk würden in diesem Milieu zunehmend dazu benutzt, politische Gewalt zu legitimieren, heißt es in dem offenen Brief, den die "Zeit" am Donnerstag veröffentlicht.

Unterzeichnet ist der Brief unter anderen von den beiden ehemaligen Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber und Heinrich Bedford-Strohm. Huber war als junger Theologe an einer Neuedition von Bonhoeffers Werk beteiligt.

Gefährliches Klima im US-amerikanischen Wahlkampf

Vor allem christliche Nationalisten behaupteten historisch falsche Gleichsetzungen zwischen der Gegenwart und dem totalitären NS-Regime und legitimierten so ihre zunehmende Gewaltbereitschaft. Im aktuellen, stark polarisierten Klima der Vereinigten Staaten sei das besonders gefährlich. Denn der Ausgang der Präsidentschaftswahl am 5. November könne eine noch nie da gewesene Welle der Gewalt nach sich ziehen, schreiben die Autoren. "Jeder Versuch, Dietrich Bonhoeffer und seinen Widerstand gegen Hitler als Legitimation für heutige politische Gewalt heranzuziehen, ist entschieden zurückzuweisen."

An Attentatsplänen beteiligt

Dietrich Bonhoeffer war ein deutscher evangelischer Theologe und Mitglied des militärischen und zivilen Widerstands gegen das NS-Regime. Als früher Gegner des Nationalsozialismus setzte er sich gegen die Verfolgung von Juden ein und war an den Attentatsplänen des 20. Juli 1944 gegen Adolf Hitler beteiligt. Bonhoeffer wurde schon 1943 verhaftet und 1945 wenige Tage vor Kriegsende im Konzentrationslager Flossenbürg hingerichtet. Sein theologisches Werk umfasst akademische Schriften wie seine "Ethik", aber auch Briefe und Gedichte über seine Haftzeit. Viele Menschen kennen sein Gedicht "Von guten Mächten".

Dietrich Bonhoeffer - "Von guten Mächten"

"Von guten Mächten" war der letzte Text, den Dietrich Bonhoeffer vor seiner Ermordung durch die Nationalsozialisten noch schreiben konnte. Nach diesem Gedicht folgen um den Jahreswechsel 1944/45 noch zwei kurze Briefe an Angehörige, danach nichts mehr. Am 9. April 1945, einen Monat vor Kriegsende, wird Bonhoeffer im KZ Flossenbürg hingerichtet.

Dietrich Bonhoeffer (epd)
Dietrich Bonhoeffer / ( epd )


 

Quelle:
epd