Schwester Anna Mirijam berichtet über Frauenfrage auf Weltsynode

"Unseren Mann, unsere Frau stehen"

Bei der Weltsynode hat der Umgang mit der Frauen-Frage für Unmut gesorgt. Doch den synodalen Weg gehe man gemeinsam, sagt Schwester Anna Mirijam Kaschner, die an der Synode teilnimmt. Papst Franziskus begegne den Frauen auf Augenhöhe.

 Sr. Anna Mirijam Kaschner / © Julia Rathcke (KNA)
Sr. Anna Mirijam Kaschner / © Julia Rathcke ( KNA )

DOMRADIO.DE: Wir starten in die letzte Woche der Synode. Ende der vergangenen Woche gab es eine größere Diskussion um die Frage, wie mit Frauen in der Synode umgegangen wird. Was sind Ihre Eindrücke dazu?

Schwester Anna Mirijam Kaschner (Generalsekretärin der Nordischen Bischofskonferenz und Teilnehmerin der Weltsynode): Am Anfang der Synode war es einfach sehr schön. Wir sind angekommen, kannten uns aus dem letzten Jahr, und hatten dadurch eine riesengroße Wiedersehensfreude. Keiner hatte den Eindruck, dass es schon ein Jahr her sei, dass wir uns gesehen hätten. Der Auftakt war wunderschön. 

Dann kam die erste Woche, die war ein bisschen dröge. Es war das Grundlagenthema aus dem Instrumentum laboris dran. Da wurde dann manchmal auch am Thema vorbei diskutiert und das hat sich etwas hingezogen. Die zweite und dritte Woche waren interessanter, weil es dann um konkrete Dinge ging. Beispielsweise um die Rolle der Bischofskonferenzen, aber auch um die Frage nach Frauen. 

DOMRADIO.DE: Die kam gleich in der ersten Sitzung auf.

Schwester Anna Mirijam: Die Studiengruppen haben Bericht über ihre bisherige Arbeit erstattet und die Studiengruppe fünf, unter Kardinal Fernandez, hat mitgeteilt, dass die Gruppe ein Frauen-Diakonat bisher nicht für möglich hält, gleichzeitig wurde aber gesagt, dass daran gearbeitet werde. 

DOMRADIO.DE: Wie sind die Menschen in der Synode damit umgegangen?

Sr. Anna Mirijam

"Es kam, wenn ich es neutral formulieren möchte, zu einer schwierigen Situation."

Schwester Anna Mirijam: Das Ganze hat dann Unmut in der Synode erregt. Und auf einige Proteste hin, wurde gesagt, dass sich die Studiengruppen an einem freien Nachmittag für Fragen zur Verfügung stellen und einen genauen Bericht ihrer Arbeit erstatten. Das war letzte Woche und es kam, wenn ich es neutral formulieren möchte, zu einer schwierigen Situation. 

Kardinal Victor Manuel Fernandez, Präfekt des Dikasteriums für die Glaubenslehre, bei der Weltsynode  / © Alessia Giuliani/CPP (KNA)
Kardinal Victor Manuel Fernandez, Präfekt des Dikasteriums für die Glaubenslehre, bei der Weltsynode / © Alessia Giuliani/CPP ( KNA )

Alle hatten erwartet, dass ein Vertreter der Arbeitsgruppe, entweder der Präsident selbst, das wäre in dieser Gruppe Kardinal Fernandenz gewesen, oder zumindest ein Mitglied der Studiengruppe auftaucht. Das war aber nicht der Fall. Es kamen zwei Angestellte des Dikasterums, die selbst nicht in der Studiengruppe sind, und die haben uns schnell zu verstehen gegeben, dass sie nicht da wären, ich zitiere: "um unsere Fragen zu beantworten, sondern um zuzuhören". Das hat dann unter den 70 bis 80 Teilnehmern auch wieder Unmutsäußerungen gegeben. Unter anderem auch von Bischöfen, die da waren. 

DOMRADIO.DE: Was haben die gesagt?

Sr. Anna Mirijam

"Am selben Abend hat es einen Entschuldigungsbrief gegeben."

Schwester Anna Mirijam: Da hat der Vorwurf im Raum gestanden, dass die Synode nicht ernst genommen wird. Sie hat ja den Auftrag gegeben, diese Arbeiten vorzustellen. Alle sind gefrustet von dort weggegangen. Das kam aber auch an und am selben Abend hat es einen Entschuldigungsbrief von Kardinal Fernandez gegeben. Immerhin, denke ich. Damit hat die Synode gezeigt, dass sie ernst genommen werden will. Das Resultat davon ist, dass sich Kardinal Fernandez am kommenden Donnerstag selber für Fragen zu Verfügung stellt.

DOMRADIO.DE: Das wurde an diesem Montag in der Pressekonferenz angesprochen und es kam die Antwort, dass man ja selber auch am lernen sei und dass man sich selber auch auf diesem Synodalen Weg befinde, den man gemeinsam gehe. Was halten Sie von dieser Antwort? 

Schwester Anna Mirijam: Meine Erwartung wäre gewesen, mit dem Prozess der Synodalität erstmal im eigenen Haus anzufangen, also auch in der Kurie, bevor man das jetzt innerhalb der Gesamtkirche erwartet und durchsetzt. Auf der anderen Seite stimmt es aber auch, dass wir alle im selben Boot sitzen und gemeinsam lernen, uns gemeinsam Schritt für Schritt vorwärtsbewegen.

Sr. Anna Mirijam

"Wir gehen gemeinsam und wir machen gemeinsam Fehler."

Ich habe das gemerkt und es sehr positiv empfunden, dass das Synodensekretariat, auf die Proteste hin, das Angebot gemacht, die Studiengruppen nochmal für Fragen zur Verfügung stehen. Das war für mich ein ein Hoffnungszeichen. Wir gehen gemeinsam und wir machen gemeinsam Fehler. Jede Seite. Überall stolpert man über Dinge, das hat auch mit der Gewohnheit zu tun. Aber wenn man sich gegenseitig darauf aufmerksam macht und den Mut hat das anzusprechen, ist auch die Bereitschaft da, das Programm zu ändern. Das ist auch eine sehr schöne Erfahrung. 

DOMRADIO.DE: Sie haben am Samstag an einer Audienz der synodalen Frauen bei Papst Franziskus teilgenommen. Ist das Ganze da zur Sprache gekommen?

Schwester Anna Mirijam: Ich war erstmal sehr positiv überrascht, dass der Heilige Vater gehend hereingekommen ist und nicht im Rollstuhl fuhr. Es scheint ihm gesundheitlich etwas besser zu gehen. 

Bei der Audienz war es so, dass sieben Frauen aus sieben Kontinenten etwa zweiminütige Berichte über den synodalen Prozess in ihrem Land abgegeben haben. Dabei sprachen sie auch über die Herausforderungen, mit denen sie zu kämpfen haben. Der Papst hat auf jede einzelne Kurzansprache frei geantwortet. Das hat eine lockere Atmosphäre erzeugt. Es war wirklich ein Gespräch. Wir waren auf Augenhöhe. Die Frauen mit denen ich gesprochen habe, waren auch sehr zufrieden mit dem Treffen.

Sr. Anna Mirijam

"Wir müssen versuchen, in dieser doppelten Minderheitensituation, in der wir uns befinden, unseren Mann, unsere Frau zu stehen."

Eine Teilnehmerin überreicht Papst Franziskus ein Geschenk aus Ghana während der Weltsynode am 17. Oktober 2024 im Vatikan.  / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Eine Teilnehmerin überreicht Papst Franziskus ein Geschenk aus Ghana während der Weltsynode am 17. Oktober 2024 im Vatikan. / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

DOMRADIO.DE: Sie sind Generalsekretärin der Nordischen Bischofskonferenz. Was wünschen sich die Christen im Norden Europas von der Weltsynode? 

Schwester Anna Mirijam: Wir brauchen mehr an Katechesen. Das war bei den Befragungen immer wieder Thema. Wir müssen versuchen, in dieser doppelten Minderheitensituation, in der wir uns befinden, unseren Mann, unsere Frau zu stehen. Einmal als katholische Kirche eine Minderheit zu sein und dann als gläubige Christen in einer säkularisierten Gesellschaft. Dafür brauchen wir das nötige Handwerkszeug. 

Da ist Katechese ganz wichtig und ich bin sehr froh, dass im Instrumentum laboris und in der Synode ein großer Schwerpunkt ein großer Schwerpunkt auf das Thema Initiation gelegt wurde, also Taufe, Firmung und Eucharistie. Wie müssen wir Menschen dafür vorbereiten und ausbilden? Das wird viel Widerhall in unseren Ländern finden. 

Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.

Weltsynode 2021-2024

Mit der Weltsynode hat Papst Franziskus in der katholischen Kirche etwas Neues geschaffen. Erstmals werden bei einer Synode Nicht-Bischöfe und Nicht-Priester im großen Umfang ein Stimmrecht haben, darunter auch Frauen.

Inhaltlich soll es vor allem um neue Wege der Mitwirkung der kirchlichen Basis bei wichtigen Entscheidungen in der katholischen Kirche gehen. Obwohl erstmals auch nicht geweihte Männer und Frauen ein Stimmrecht haben, handelt es sich kirchenrechtlich um eine Bischofssynode.

Eröffnung der Weltsynode im Oktober 2021 / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Eröffnung der Weltsynode im Oktober 2021 / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )
Quelle:
DR