Diakonats-Netzwerkerinnen knüpfen weltkirchliche Kontakte

"Wir werden international weitergehen"

Verfechterinnen von Weiheämtern für Frauen haben im Umfeld der Weltsynode für ihr Anliegen geworben. Welche Reaktionen es gab und warum ihre Erwartungen ans Abschlusspapier zwiespältig sind, erklärt die Theologin Jutta Mader-Schömer.

Autor/in:
Hilde Regeniter
Helena Jeppesen-Spuhler, links im Bild, Mitglied der Schweizer Fastenaktion und der Schweizer Delegation bei der Weltsynode mit Papst Franziskus am 4. Oktober 2023 im Vatikan / © Vatican Media/Romano Siciliani/KNA (KNA)
Helena Jeppesen-Spuhler, links im Bild, Mitglied der Schweizer Fastenaktion und der Schweizer Delegation bei der Weltsynode mit Papst Franziskus am 4. Oktober 2023 im Vatikan / © Vatican Media/Romano Siciliani/KNA ( KNA )

DOMRADIO.DE: Papst Franziskus hatte das Thema Weiheämter für Frauen von vornherein ausgelagert und angekündigt, auf der Weltsynode werde es in dieser Frage keine Entscheidung geben. Sie sind trotzdem nach Rom gereist. Warum?

Jutta Mader-Schömer / © A. Dlugos  (Netzwerk Diakonat der Frau)
Jutta Mader-Schömer / © A. Dlugos ( )

Dr. Jutta Mader-Schömer (Vorsitzende des Netzwerks "Diakonat der Frau"): Wir hatten im Vorstand die Sorge, dass das Thema wieder auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben wird. Also wollten wir die Chance nutzen, mit möglichst vielen Synodalinnen und Synodalen, Beratern und Beraterinnen in Kontakt zu kommen, um für unser Anliegen zu werben. 

Es hat zuletzt in der Weltkirche gebrodelt. Und wir haben in Rom gemeinsam mit der Kerngruppe der Vernetzung der berufenen Frauen und internationalen Netzwerken versucht, ein anderes Verständnis zu schaffen. Dabei waren uns persönliche Begegnungen mit Frauen wichtig, die sich berufen fühlen.

DOMRADIO.DE: Wie genau sind Sie das angegangen, mit wem zum Beispiel konnten Sie sprechen?

Helena Jeppesen-Spuhler, Mitglied der Fastenaktion (Schweiz) und der schweizer Delegation bei der Weltsynode / © Paolo Galosi/Romano Siciliani (KNA)
Helena Jeppesen-Spuhler, Mitglied der Fastenaktion (Schweiz) und der schweizer Delegation bei der Weltsynode / © Paolo Galosi/Romano Siciliani ( KNA )

Mader-Schömer: Wir haben einen Nachmittag veranstaltet, an dem Frauen von vier Kontinenten – aus Australien, Asien, Nordamerika und Europa – über ihre Berufung gesprochen haben. Das war sehr dicht. Da ist deutlich geworden, mit was für einer inneren Zerrissenheit die Frauen zu kämpfen haben, über Jahre und Jahrzehnte hinweg. 

Jutta Mader-Schömer

"Wir haben in Rom versucht, über persönliche Begegnungen mit Frauen, die sich berufen fühlen, ein anderes Verständnis zu schaffen."

Die, die dort waren, waren sehr bewegt und sehr betroffen; und wir haben unser Treffen auch mit einem Gebet abgeschlossen. Tatsächlich haben auch ein deutscher und ein Schweizer Bischof sowie Thomas Söding und Helena Jeppesen-Spuhler teilgenommen. Insgesamt haben Menschen aus sieben Ländern von drei Kontinenten das mitbekommen und, wie ich hörte, später auch mit anderen in der Synodenaula besprochen.

DOMRADIO.DE: Wie sehr brennt das Thema Weiheämter für Frauen bei der Weltsynode unter den Nägeln?

Thomas Schwartz / © Dieter Mayr (KNA)
Thomas Schwartz / © Dieter Mayr ( KNA )

Mader-Schömer: Frauen aus anderen Erdteilen haben berichtet, dass es langsam kein Verständnis mehr dafür gibt, wie Frauen in der katholischen Kirche behandelt werden; wie die Berufung berufener Frauen nicht einmal in Betracht gezogen wird. Der Renovabis-Hauptgeschäftsführer Thomas Schwarz aus Deutschland hat ja in einem Blogbeitrag geschrieben, dass ein afrikanischer Synodaler ihn darauf aufmerksam machen musste, was das für eine schwierige Situation ist für Menschen, die berufen sind und dann keine Aussicht auf Weihe haben. Ich glaube, es gibt noch immer viel zu viele innerhalb der katholischen Kirche, die kein Verständnis dafür haben, was es für die Einzelnen bedeutet, wenn sie um ihre Berufung wissen, die ihnen aber verweigert werden.

Jutta Mader-Schömer

"Da ist deutlich geworden, mit was für einer inneren Zerrissenheit die Frauen zu kämpfen haben, über Jahre und Jahrzehnte hinweg." 

DOMRADIO.DE: Rund um die Arbeitsgruppe fünf, die mit der Frage nach dem Frauendiakonat befasst war, hat die Kommunikation auf der Synode gehakt. Nach einigem Unmut wollte sich der Präfekt der Glaubenskongregation den Fragen der Frauen stellen, war dann selbst gar nicht da, wollte es dann nachholen. Wie bewerten Sie dieses Hin und Her?

Mader-Schömer: Zunächst waren wir im Vorfeld auch sehr irritiert darüber, dass alle anderen Arbeitsgruppen die Namen ihrer Teilnehmenden bekannt gemacht haben, nur diese nicht, und dass sie beim Glaubensdikasterium angesiedelt ist. Als bei der Vorstellung am ersten Synodentag dann auch nicht sichtbar war, wer dort eigentlich mitarbeitet, kam der Verdacht auf, dass es diese Gruppe gar nicht gibt. 

Und als dann am letzten Freitag die Eingaben gemacht werden konnten und nur zwei Untersekretäre da waren, ist wohl auch unter den Synodalen große Unruhe ausgebrochen. Das kann ich gut verstehen, weil das eine Missachtung ihrer Tätigkeit ist, wenn sie gar nicht wissen, wer ihr Gegenüber ist. Ein Hören auf die Stimmen aus der Weltkirche findet da praktisch gar nicht statt. Auch unter uns Frauen war die Unruhe groß. Wir haben täglich in die Nachrichtenticker geschaut; zwischen Hoffnung und Angst und Verzweiflung gingen die Gefühle ständig hin und her, weil so viel davon abhängt. Für einzelne Frauen, aber eben auch für einen diakonischen Weg der Kirche.

Jutta Mader-Schömer

"Ein Hören auf die Stimmen aus der Weltkirche findet da praktisch gar nicht statt."

Blick in die Audienzhalle bei den Beratungen während der Weltsynode im Vatikan. / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Blick in die Audienzhalle bei den Beratungen während der Weltsynode im Vatikan. / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

DOMRADIO.DE: Sie sagen, Sie haben unter den Frauen so etwas wie ein Klima der Angst erlebt. Inwiefern?

Mader-Schömer: Wir haben beim Nachmittag der Begegnung mit verschiedenen internationalen Gruppierungen zusammengearbeitet, um ihn weltkirchlich zu gestalten. Da haben einige gesagt, dass sie als Organisationen nicht in der Presse genannt werden möchten, weil sie in ihren Herkunftsländern rigide Maßnahmen befürchten müssen. Viele Kardinäle haben kein Verständnis für die Belange berufener Frauen und die Frauen wollten nicht in einen negativen Fokus geraten.

DOMRADIO.DE: Was natürlich dem Prinzip Synodalität zutiefst widerspricht…

Mader-Schömer: Ja, und auch dem Prinzip, dass jeder und jede Getaufte seine und ihre eigene Würde hat und dass jede Stimme wichtig ist.

DOMRADIO.DE: Am Samstag soll ein Abschlussdokument beschlossen werden. Vermutlich wird tatsächlich nichts Weiterführendes zum Diakonat der Frau drinstehen. Welche Konsequenzen werden Sie daraus ziehen?

Mader-Schömer: In meinen Erwartungen an das Abschlussdokument bin ich zwiegespalten. Vielleicht ist es besser, wenn nichts drinsteht, weil dann auch kein ‚Nein‘ drinsteht. Wir haben mit den anderen Frauen beschlossen, dass wir weiterarbeiten, dass wir diesen Weg weitergehen – aus tiefster innerer Überzeugung. Es gibt ja biblische Belege, wo Jesus Christus Frauen auffordert: "Verkünde es den Brüdern!" 

Da ist die Frau am Jakobsbrunnen, oder Maria Magdalena nach der Auferstehung; weiter heißt Jesus es ausdrücklich gut, als eine Frau ihn salbt. Und der blutflüssigen Frau sagt er: "Tochter, du hast Recht getan, dir meinen Rockzipfel zu greifen und Hilfe zu holen." Jesus selbst hat also Frauen mit Würde und Auftrag ausgestattet. Deshalb werden wir diesen Weg weitergehen und schauen, welche Möglichkeiten sich in der jeweiligen Situation eröffnen. Vor allem werden wir auch international weitergehen.

DOMRADIO.DE: Hat die Weltsynode in Ihren Augen eher nichts gebracht?

Synodale, ein Priester und eine Frau, im Gespräch bei der Weltsynode / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Synodale, ein Priester und eine Frau, im Gespräch bei der Weltsynode / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

Mader-Schöme: Doch! Ich glaube, sie hat ganz viel gebracht. Auch von den Synodalen hören wir, dass das Klima untereinander offener und freier geworden ist, dass diese persönlichen Kontakte über Kontinentgrenzen hinweg sehr wichtig waren. Ich glaube, dass wir hinter diese Art des Miteinanderumgehens nicht mehr zurückgehen können. 

Und wenn das jetzt auch in die einzelnen Ortskirchen und in die kleinteiligeren Bereiche weitergetragen werden soll, dann hat es schon sehr viel gebracht. Die einzelnen Themen aus den Arbeitsgruppen sind schließlich alle wichtig, nicht nur unser Thema. Und wenn diese Dinge, die möglicherweise eine Veränderung brauchen, auf dieser Basis weiterentwickelt werden, ist es gut. Darauf hoffen wir.

Das Interview führte Hilde Regeniter.

Netzwerk Diakonat der Frau

Beharrlichkeit führt zum Ziel - das scheint ein Leitmotiv des "Netzwerk Diakonat der Frau" zu sein. Bereits zum dritten Mal seit 1999 hat dieser Zusammenschluss aus bundesweit über 200 Einzelpersonen und 50 Initiativen zur Förderung des sakramentalen Diakonats der Frau einen Diakonatskreis organisiert, eine Fortbildung, mit der Frauen für diakonische Leitungsfunktionen qualifiziert werden sollen. Im Fokus des Netzwerks: Aufgabenbereiche und Weihe.

Pastoralreferentin - eine Frau im weißen liturgischen Gewand / © Harald Oppitz (KNA)
Pastoralreferentin - eine Frau im weißen liturgischen Gewand / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
DR