Friedensimpuls aus Jerusalem von Abt Nikodemus

Was ist Ihre mittlere Zahl im Leben?

Auch die Mönche in Jerusalem besuchen an Allerheiligen und Allerseelen den Friedhof. Bei verstorbenen Mitbrüdern gibt es auf dem Grabstein eine Besonderheit, erklärt Abt Nikodemus. Eine bestimmte Zahl lädt zum Nachdenken ein.

Abt Nikodemus auf dem Friedhof (privat)
Abt Nikodemus auf dem Friedhof / ( privat )

Jetzt im Monat November steht der Tod liturgisch immer mal wieder im Zentrum: Allerheiligen, Allerseelen, da gehen viele auf die Friedhöfe. Und das tun wir als Mönche auch. Aber nicht nur an Allerseelen, sondern auch an Ostern bringen wir unseren verstorbenen Mitbrüdern das Osterlicht. 

Überhaupt: Der Friedhof ist Teil unseres Klosters, und unsere Klostergemeinschaft sind nicht nur wir lebende Mönche, sondern es gehören auch die verstorbenen Mitbrüder dazu. 

Wenn ein verstorbener Mitbruder den Jahrestag seines Todes hat, dann lesen wir aus dem Nekrologium seine Biographie und feiern auch für ihn ganz besonders den Gottesdienst. 

Die Gräber von uns Mönchen sind sehr einfach gehalten. Zum Beispiel auch bei einem meiner Vorgänger, unserem ersten Abt: Es gibt einen Grabstein, man sieht das Kreuz als christliches Symbol. Dann steht da sein Name und drei Jahreszahlen: 1871, 1905, 1949. Die erste Jahreszahl ist sein Geburtsjahr, die letzte ist sein Sterbejahr Die mittlere Zahl ist das Jahr seiner Profess. Das heißt: Ich weiß von mir schon zwei Zahlen: 1978, mein Geburtsjahr und 2004, das Jahr meiner Profess. Die dritte Zahl weiß ich noch nicht. 

Das Interessante ist, dass wir als Ordensleute sagen: Neben dem Geborenwerden und dem neu Geborenwerden zum ewigen Leben nach unserem Tod gibt es ein Ereignis in unserem Leben, das ist so einschneidend, dass es wie eine Neugeburt während des Lebens ist, nämlich unsere Ordensprofess. 

Jetzt frage ich Sie, wenn Sie so einen Grabstein hätten: Was wäre Ihre mittlere Zahl? Haben Sie auch so ein Ereignis in Ihrem Leben, das wie eine Neugeburt für Sie war? Vielleicht die Genesung von einer Krankheit, Ihre Hochzeit, ein Umzug, ein Umbruch im Leben? Ich lade Sie ein: Fragen Sie sich, was wäre Ihre mittlere Jahreszahl? 

Ich wünsche Ihnen von Herzen alles Gute im November vom Berg Zion. 

Ihr Abt Nikodemus

Quelle:
DR