Caritas ist ein wichtiger Pfeiler bei der Fluthilfe in Spanien

Kirche hilft an allen Ecken und Enden

Während das Königspaar bei einem Besuch in Valencia mit Schlamm beschmissen wird, garantieren Unternehmen mit Hilfsorganisationen die Grundversorgung und Seelsorge. Vor allem kirchliche Organisationen spielen eine große Rolle.

Autor/in:
Stefanie Claudia Müller
Spaniens Caritas im Einsatz (CI)
Spaniens Caritas im Einsatz / ( CI )

Für Deutsche ist es wie ein Déjà-vu. Erst drei Jahre ist es her, dass die Eifel und das Ahrtal von einer Jahrhundert-Flut heimgesucht wurden. In einer Nacht starben 190 Personen. Die Probleme im Vorfeld der Katastrophe und die Nöte sowie die Wut auf die Politiker danach sind nun in Spanien sehr ähnlich. Der Himmel ist inzwischen wieder strahlend blau in Valencia, aber Spanien wird diesen 29. Oktober nicht mehr vergessen. 

Hilflosigkeit, Frust und Wut machen sich breit. Die Provinz Valencia ist in weiten Teilen traumatisiert, da das Wasser an den Oberläufen der Flüsse Magro und Júcar nach ungewöhnlich starkem Regen sintflutartig bis zur Küste strömte und es dabei alles mitriss, was im Weg war. Sie wurde am meisten geschädigt durch den massiven Niederschlag. In einigen Gebieten fielen in 24 Stunden mehr als 400 l/m2 Regen, so viel wie normalerweise in einem Jahr. Die Koordination dieser Krise, die sich auf drei autonome spanische Regionen verteilt – Valencia, Andalusien und Kastilien-La Mancha -  ist wegen der verschiedenen Zuständigkeiten komplex. 

Größter Militär-Einsatz in Friedenszeiten

7.800 Soldaten, die per Helikopter, Flugzeug, im Konvoi und per Schiff ankamen, sind inzwischen in den Krisengebieten mit den Aufräumarbeiten beschäftigt. Nach Angaben der Regierung ist es der größte Militär-Einsatz in Friedenszeiten. Die Zahlen von Toten und Vermissten variieren. 217 Leichen wurden bisher geborgen nach offiziellen Angaben der spanischen Zentralregierung, weitere Hunderte Opfer gelten als vermisst. Die meisten davon in der Provinz Valencia. 

Klar scheint, dass die Bevölkerung von den Behörden zu spät informiert wurden, die Häuser nicht mehr zu verlassen. Einige Bürger aber hatten die verschiedensten Warnungen wie auch schon bei der Flut in Deutschland nicht ernst genug genommen, darunter auch viele Fahrer von Unternehmen. Die Autos stapeln sich dementsprechend in den Dörfern und Kleinstädten der Provinz Valencia, was die Rettungsarbeiten der Feuerwehr erschwert. Es fehlt wegen der hohen Nachfrage wie in Deutschland an Raum-Trocknern, Baggern und Abpumpwagen.

Provinz Valencia war trotz jährliche Überschwemmungen nicht vorbereitet

Es wird deutlich, dass Valencia trotz der dort jedes Jahr durch Höhentiefs vorkommenden Überschwemmungen nicht vorbereitet war auf diese Jahrhundertflut. Und wieder ist es die Caritas, die genau wie in der Pandemie 2020 und bei dem Vulkanausbruch auf La Palma ein Jahr später ein enormes Organisationstalent bewies. Es gibt vereinzelt seit Tagen keine Strom- und Wasserversorgung, was am vergangenen Sonntag zu enormen Protesten gegen den Besuch von Politikern und dem Königspaar in der Provinz Valencia geführt hat. Sie wurden in dem am schlimmsten betroffenen Ort Paiporta mit Schlamm und Schaufeln beschmissen.  

Das Chaos und die Wut der Massen waren fünf Tage nach der Flut so groß, dass der sozialdemokratische Premier Pedro Sánchez und auch der inzwischen heftig umstrittene konservative regionale Regierungschef Carlos Manzón nach Ausbuhen und Hass-Parolen in Sicherheit gebracht wurden. Felipe VI. und Letizia, auf deren Initiative der Besuch überhaupt stattgefunden hatte, zogen jedoch noch einige Zeit weiter, um den Leuten Trost zu spenden, wenn auch unter gewalttätigen Tumulten, die live übertragen wurden. 

Unternehmen Hand in Hand mit kirchlichen Organisationen 

Wie auch schon bei der Flut in der Eifel und an der Ahr sind die Spanier vor allem von der Solidarität anderer Regionen berührt und auch von der direkten Zusammenarbeit von Hilfsorganisationen wie zum Beispiel der Caritas, der Foodbank-Organisation "Banco de Alimentos" und dem Roten Kreuz mit der größten spanischen Lebensmittelkette Mercadona, die ihren Sitz in Valencia hat und direkt betroffen ist von der Flut.  Seit dem  ersten Tag liefert das Unternehmen über diese Wege Lebensmittel und Wasser in die abgeschnittenen Regionen. 

Menschen räumen Schlamm von einer Straße in einem von Überschwemmungen betroffenen Gebiet. / © Manu Fernandez (dpa)
Menschen räumen Schlamm von einer Straße in einem von Überschwemmungen betroffenen Gebiet. / © Manu Fernandez ( dpa )

Die unversehrten Kirchen in der Provinz Valencia wurden zudem geöffnet, um Menschen, die ihre Häuser verloren haben, aufzunehmen und Helfer mit Essen zu versorgen. Allerdings muss auch gesagt werden, dass die Vertreter der kirchlichen Behörden wenig direkt in Erscheinung treten, abgesehen von Beleidsbekundigungen und Gebetaufrufe. Es sind vor allem die lokalen Diözesen, die in den direkten Hilfsarbeiten involviert sind und den vielen Trauernden als Seelsorger dienen. Tausende von Freiwillige, die über der Kirche nahestehende Organisationen wie "Mensajeros de Paz" aus Madrid oder auf eigene Faust in das Katastrophengebiet gefahren sind, leisten zudem Direkthilfe vor Ort. Alle Interessierten sollen sich an das Koordinationszentrum in der Stadt der Museen und Wissenschaften (Ciutat de les Arts i les Ciències) in Valencia wenden. 

Die Aufbauarbeiten werden Jahre dauern 

Der hochbetagte Gründer der "Mensajeros de Paz", der beliebte Padre Ángelist schon am 1. November von Madrid mit Hilfsgütern in das Krisengebiet nach Valencia gefahren. Die dortige Verantwortliche seiner Organisation, Chelo Felip, koordiniert seit dem 1. Tag der Flut zusammen mit McDonald’s und Uber Essenslieferungen. "Mensajeros de Paz" organisiert zudem mit Airbnb Unterkünfte für die Helfer. Aber das alles reicht nicht. 

Die spanische Spendengeld-Koordinatorin der Caritas María Ángeles García Fernández-Reija bittet trotz der enormen Solidarität um noch mehr Helfer vor Ort und Geldspenden: "Wir können dann selbst nach Notwendigkeit der Familien einkaufen." Wie García Fernández-Reija berichtet, hat die Organisation Hilfen aus der ganzen Welt erhalten. Aber der Padre Ángel kritisiert, dass nicht genug Hilfe geleistet wird: "Es wird nicht genug gemacht für die Familien." Der Priester von Paiporta Gustavo Riveiro musste seine eigene Kirche erstmal freischaufeln und abpumpen: "Es war wie ein Schwimmbad". Was wenige noch Offizielle in der Flut-Krise in Spanien zugeben: Es wird wie in Deutschland Jahre dauern, bis die Häuser, Städte und Infrastrukturen wieder funktionieren, was für Frust und Politikverdrossenheit führen wird. Und es werden nicht dreistellige Millionen-Beträge wie bisher geschätzt, sondern Milliarden dafür notwendig sein, wie wir es auch in Deutschland gesehen haben.

Ohne Hilfe aus Brüssel kann Spanien es nicht stemmen

Premier Sánchez wird erneut auf Hilfe aus Brüssel angewiesen sein, um den öffentlichen Verkehr rund um das auch bei den Deutschen beliebte Valencia wieder neu aufzubauen und zu verbessern. Aber wenn dann alles wieder neu aufgebaut ist, werden auch die Spanier sicher sein können, dass sie nun besser gerüstet sind für die nächste große Flut. Und die wird nicht auf sich warten lassen. Spanische Meteorologen warnen seit Jahren vor zunehmendem Starkregen und Wetterturbulenzen wie dem Schneechaos in Madrid Anfang 2021. 

Während die Hilfsarbeiten von Polizei und Militär immer noch in vollem Gange sind in Valencia und Albacete, haben schon andere spanische Regionen weitere Unwetter abwehren müssen wie Andalusien und die Balearen, wo es in den vergangenen Jahren immer wieder zu schweren Überschwemmungen gekommen war. Auch in Katalonien gelten aktuell Unwetterwarnungen. Spanien gilt als eines der größten Opfer des Klimawandels. Das macht das aktuelle Unglück noch einmal deutlich, glaubt der Geologe Antonio Aretxabala:  "Die Erwärmung des Mittelmeers, die in diesem Sommer neue Rekorde schlug, wirkt wie Dynamit". Sein wissenschaftlicher Kollege vom staatlichen Forschungsinstitut CSIC, der Meeresbiologe Antonio Turiel, sagt das bereits seit Jahren voraus: "Es wird auch die Landwirtschaft extrem verändern, aber bisher hat sich Spanien darauf zu wenig vorbereitet. Und es gibt nur eine Lösung gegen den Klimawandel und das ist, weniger zu konsumieren."

Spendenkonten 

Caritas in Valencia 

CAIXA POPULAR: ES19 3159 0078 5716 6338 6025

Mensajeros de Paz in Valencia

SANTANDER: ES74 0049 5104 14 2616049664

Quelle:
DR