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DOMRADIO.DE: Donald Trump ist jetzt zwei Mal zum Präsidenten gewählt worden, beide Male waren die Katholiken auf seiner Seite. Was sagt das über die katholische Kirche in Amerika aus?
Prof. Dr. Massimo Faggioli (Katholischer Publizist und Theologieprofessor an der Villanova University in Pennsylvania): Eine kürzlich durchgeführte Umfrage ergab, dass eine klare Mehrheit von 56 Prozent der Katholiken für Trump stimmte, gegenüber 41 Prozent für Harris. Im Jahr 2020 gewann Biden die Stimmen der Katholiken, wenn auch nur knapp mit 52 zu 47 Prozent.
Der Katholizismus in den USA ist ein Spiegelbild der aktuellen amerikanischen Kultur. Die Schlüsselfrage für alle Katholiken, nicht nur in den USA, ist, was der amerikanische Katholizismus mit dem Katholizismus gemeinsam hat, wie er anderswo geglaubt und praktiziert wird. Oder ob er zu einem Phänomen geworden ist, das vom "Brandrodungs"-Konservatismus angetrieben wird. Es ist nicht nur ein katholisches Problem. Trumps Koalition bedeutet, dass nur sehr wenige religiöse Gemeinschaften und demografische Gruppen nicht in irgendeiner Weise in diese Angelegenheit verwickelt sind. Aber Trump und Vance haben die religiöse und katholische Wählerschaft erfolgreich in einer Weise instrumentalisiert, die die christliche Gemeinschaft zwingt, entsprechend zu reagieren.
Was wir in den letzten Jahrzehnten erlebt haben, ist ein intellektueller Zusammenbruch, der die Schritte des evangelikalen Protestantismus seit den 1970er und 1980er Jahren nachvollzieht. Er ist Teil der Post-Europäisierung der amerikanischen Religion, die sie immer weniger in der Lage macht, mit den Werten der Aufklärung, der Säkularisierung und dem Multikulturalismus umzugehen.
Die Wahl 2024 zementiert eine Verschiebung, die im US-Katholizismus schon seit einiger Zeit zu beobachten ist: Immer weniger Katholiken in den USA sehen aus wie Kennedy, Biden und Pelosi. Es ist ein Generationsbruch, der einen tieferen Einschnitt in die Tradition der Katholiken in der amerikanischen Politik signalisiert. Aber es ist auch ein kultureller Bruch. Biden wird der letzte katholische Anführer in einer US-Kirche, die vom Zweiten Weltkrieg und dem Zweiten Vatikanum geprägt ist. Trump und Vance sind die ersten einer neuen Ära, auch einer neuen Ära im amerikanischen Katholizismus.
DOMRADIO.DE: Was denken Sie, wie wird die US-Bischofskonferenz USCCB auf das Wahlergebnis reagieren? Wie wir wissen, haben die Bischöfe Joe Biden sehr öffentlich kritisiert.
Faggioli: Trumps Comeback zeigt die Gefangenschaft vieler US-Bischöfe in den parteipolitischen Narrativen der "Kulturkriege" auf. Es ermutigt die großen Finanziers, die den institutionellen Katholizismus an das oligarchische System, das die USA regiert, anpassen.
Trumps Vize JD Vance dient dabei als Megaphon bei der Verbreitung von Lügen über die eigene Bevölkerung, auf eine besonders verabscheuungswürdige Weise. Zum Beispiel über haitianische Einwanderer, die angeblich die Hunde essen. Wir werden sehen, wie die katholischen Bischöfe reagieren werden. Biden hatten sie ja noch wegen seiner Abtreibungspolitik zwischen 2020 und 2021 die eucharistische Kommunion verweigern wollen, bevor sie vom Vatikan gestoppt wurden.
DOMRADIO.DE: Erwarten Sie eine Reaktion des Papstes oder aus dem Vatikan?
Faggioli: Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin hat Präsident Trump "viel Weisheit" nach seinem Wahlsieg gewünscht. Gleichzeitig hat er ihn aber auch ermahnt, ein Präsident für das gesamte amerikanische Volk zu sein und die Spaltung im Land zu überwinden.
Vorsichtig hoffnungsvoll hat er betont, dass Trump das Ziel habe, Kriege zu beenden. Dabei betont er aber auch, dass da auch Trump "keinen Zauberstab" habe.
DOMRADIO.DE: Der katholische Glaube steht nicht nur für Konservatismus und Lebensschutz, sondern auch für Nächstenliebe, den Schutz von Gottes Schöpfung und die Unterstützung der Armen und Benachteiligten. Was denken Sie angesichts all dieser Aspekte über das Wahlergebnis?
Faggioli: Tatsache ist, dass sich der Kulturkampf auf einige Themen konzentriert und viele andere beiseite lässt. Das Ergebnis dieser Wahl ist gefährlich, denn es verspricht oder droht einen Rückschritt in Bezug auf das, was den sozialen Katholizismus ausmacht.
Trump und Vance sind nicht konservativ, sondern eine Mischung aus Nationalismus, Libertarismus und Technokratie, und das bringt sie in Konflikt mit einer katholischen Vorstellung von Gesellschaft.
Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.