Flüchtlingswelle im Libanon erhöht gesellschaftliche Spannungen

"Es fehlt ihnen an allem"

Viele Menschen suchen Zuflucht in Gegenden, in denen mehrheitlich Christen leben. Das stellt die Diözesen vor große Herausforderungen. Die Kirche im Libanon hat wegen der Finanzkrise in den letzten Jahren ihre Ersparnisse verloren.

Ordensschwester in einer improvisierten Flüchtlingsunterkunft im Libanon.  / © Kirche in Not (KiN)
Ordensschwester in einer improvisierten Flüchtlingsunterkunft im Libanon. / © Kirche in Not ( KiN )

Beobachter befürchten zunehmende soziale und religiöse Spannungen aufgrund der zunehmenden Flüchtlingsströme im Libanon. "Das könnte den Boden für künftige Konflikte bereiten", erklärt die Projektkoordinatorin des weltweiten katholischen Hilfswerks "Kirche in Not" (ACN) im Libanon, Marielle Boutros. Schon jetzt seien einige Libanesen vorsichtig bei der Aufnahme von Flüchtlingen aus dem Süden des Landes, da sie befürchten, dass deren Anwesenheit zu Angriffen führen könnte.  

Marielle Boutros, Projektkoordinatorin von „Kirche in Not“ im Libanon. / © Kirche in Not (KiN)
Marielle Boutros, Projektkoordinatorin von „Kirche in Not“ im Libanon. / © Kirche in Not ( KiN )

Mittlerweile seien rund ein Viertel der Einwohner des Libanon, insgesamt 1,5 Millionen Menschen, innerhalb des Landes auf der Flucht. Die meisten hielten sich im Libanongebirge und in noch weiter nördlichen Landesteilen auf. "Es fehlt ihnen an allem: Nahrung, medizinische Versorgung, Wasser, Kleidung, Hygieneartikel. Sie konnten nichts mitnehmen", berichtet Boutros.  

"Erschöpfung wird zunehmen" 

"Die Kirche hat schnell reagiert. Die kirchlichen Mitarbeiter empfangen die Menschen immer noch mit viel Nächstenliebe", stellt Boutros fest. Doch mittlerweile seien viele Menschen körperlich wie psychisch am Ende. Obwohl die Militäraktion hauptsächlich terroristischen Zielen der Hisbollah gelte, seien viele Menschen ständig in Gefahr, Opfer von Kollateralschäden zu werden. "Die Erschöpfung wird jetzt sowohl auf Seiten der Flüchtlinge als auch auf der Seite der Helfer allzu deutlich, und sie wird noch zunehmen", zeigt sich die Mitarbeiterin von "Kirche in Not" besorgt. 

Eine libanesische Flüchtlingsfamilie in einer kirchlichen Suppenküche.  / © Kirche in Not (KiN)
Eine libanesische Flüchtlingsfamilie in einer kirchlichen Suppenküche. / © Kirche in Not ( KiN )

Hinzu komme, dass der Libanon politisch und wirtschaftlich schon seit Jahren in der Krise sei. Das wirke sich auch auf die Arbeit der Kirche aus: "Man darf nicht vergessen, dass sie während der Finanzkrise ihre Ersparnisse verloren und dennoch ihre karitativen Dienste weitergeführt hat. Viele kirchliche Mitarbeiter haben kein festes Einkommen. Es ist wirklich bedrückend." 

Wiederaufbau ohne fremde Hilfe unmöglich 

Die Menschen im Libanon stellten sich auf einen schwierigen Winter ein; ein Ende der Kämpfe sei nicht abzusehen. Vor allem die Bewohner aus dem Südlibanon könnten in absehbarer Zeit nicht zurück. Marielle Boturos schätzt, dass viele Christen vielleicht schneller zurückkehren könnten, da ihre Häuser weniger beschädigt seien. Dennoch sei ein Wiederaufbau ohne ausländische Hilfe nicht möglich, da die meisten Menschen über keinerlei Ersparnisse mehr verfügten. 

"Kirche in Not" unterstützt aktuell 15 Projekte von Diözesen und Ordensgemeinschaften, die sich um Binnenflüchtlinge kümmern. Darüber hinaus liege eine Priorität bei der Hilfe für katholische Schulen, von denen viele aufgrund der Sicherheitslage auf Onlineunterricht umgestellt haben, erklärte Boutros: "Neben all der pastoralen Arbeit, die von den Diözesen und Orden geleistet wird, ist das Bildungssystem sehr wichtig. Wenn es im Libanon etwas gibt, das im Moment Bestand hat, dann sind es die katholischen Schulen."

Kirche in Not sammelt Spenden für den Libanon

Um den Überlebenden der Katastrophe in Beirut beistehen zu können, bittet "Kirche in Not" um Spenden – online unter: www.spendenhut.de oder auf folgendes Konto: Empfänger: KIRCHE IN NOT LIGA Bank München IBAN: DE63 7509 0300 0002 1520 02 BIC: GENODEF1M05 Verwendungszweck: Libanon

(Kirche in Not)v

KIRCHE IN NOT / Ostpriesterhilfe Deutschland e. V. (KiN)
KIRCHE IN NOT / Ostpriesterhilfe Deutschland e. V. / ( KiN )
Quelle:
KiN