DOMRADIO.DE: Bildhauerinnen sind selten, aber es gibt sie.
Robert Boecker (Chefredakteur der Kölner Kirchenzeitung): Genau, Uta Tröger ist eine von ihnen, 37 Jahre alt, eine junge Frau aus einem kleinen Dorf aus dem Erzgebirge. Sie ist seit elf Jahren in der Dombauhütte tätig.
DOMRADIO.DE: Sie haben mit ihr gesprochen. Hat sie es als Frau schwerer in diesem Gewerbe?
Boecker: Ja! Sie hat schon während der Schulzeit eine große Affinität zum Steinmetzhandwerk gehabt. Noch als Schülerin hat sie, vor dem Abitur, bei einem Steinmetz in ihrer Heimat gearbeitet und dort erste Erfahrungen gesammelt. Sie war wirklich begierig darauf, eine Lehrstelle zu bekommen. Sie ist aber in diesem Betrieb nicht ganz ernst genommen worden. Man hat sie immer wieder vertröstet.
Am Ende hat sie ihr Schicksal in die Hand genommen und sich bei verschiedenen Bauhütten beworben. Sie ist persönlich hingefahren und in Dresden an der Zwingerhütte auch genommen worden, sie konnte dort eine Ausbildung machen. Nach ihrer Ausbildung hat sie verschiedene Fortbildungen im In- und Ausland gemacht und vor elf Jahren hier in Köln an der Dombauhütte angeklopft. Sie hat gefragt, habt ihr einen Job für mich?
Der damalige Dombaumeister Michael Hauck hat sie eine Woche Probearbeiten lassen. Er war so begeistert von ihr, dass er ihr zunächst eine Elternzeitvertretungsstelle gegeben hat, danach hat er sie fest angestellt. Das hat letztlich dazu geführt, dass sie unter anderem einen Wasserspeier erarbeitet hat. Das macht man nicht von heute auf morgen, sondern das ist ein Prozess, der über mehrere Jahre geht.
DOMRADIO.DE: Zweieinhalb Meter Steinklotz, Basaltklotz war der Anfang, ein Ungetüm, größer als diese Bildhauerin. Wie lange dauert so eine "Geburt"?
Boecker: Ich habe sie im Februar vergangenen Jahres zum ersten Mal besucht. Da stand der Klotz noch als Klotz herum, zweieinhalb Meter hoch, zweieinhalb Tonnen schwer. Dann ging es los.
Aber man darf nicht vergessen, sie hat vorher schon das Eins-zu-Eins-Modell aus Gips erarbeitet. Das hat mehrere Monate gedauert. Denn sie hatte als Vorlage nur einen kleinen Stumpf, der noch im Dom war. Der eigentliche Wasserspeicher aus dem 19. Jahrhundert ist im Krieg zerstört worden, er war aus Sandstein gebaut.
Dieser Reststumpf und ein mehr oder weniger unscharfes Foto diente ihr als Vorlage zur Erarbeitung dieses Modells. Das herzustellen war schon Aufwand genug. Als dieses Modell fertig war, konnte der Wasserspeier Eins zu Eins zu dem Modell aus diesem Riesenblock herausgearbeitet werden.
DOMRADIO.DE: Also nicht mit 3D-Drucker und irgendwelchen Maschinen. Das ist wirklich Handarbeit, was diese Frau da geleistet hat. Wie bekommt man den neuen Wasserspeier dann da hoch?
Boecker: Das war eine Aktion in der vergangenen Woche, sehr früh morgens. Das Kran-Unternehmen Wasel aus Bergheim ist gekommen. Sie kommen immer, wenn am Dom irgendwas zu heben oder abzuheben ist, sei es ein Gerüst oder ein größeres Bauteil. Sie haben den Wasserspeicher hochgezogen auf 20 Meter Höhe.
Dort waren die Versetz-Steinmetze bereit und haben den Wasserspeier in Empfang genommen. Die hatten den relativ schnell im Mauerwerk verankert mit seinen 600 Kilo. Aber sehen kann man den im Moment noch nicht, weil ihn noch das Gerüst verdeckt.
Wer demnächst den Wasserspeicher sehen möchte, er befindet sich an der Ecke Römisch-Germanisches Museum und Dom auf 20 Metern Höhe. Man wird ihn erkennen, er ist noch sehr hell. Er ist "hübsches Kerlchen" geworden, das wird man sehen, wenn man in die Kirchenzeitung reinschaut.
Das Interview führte Tobias Fricke.