DOMRADIO.DE: Der Christkönigssonntag ist ein großer Tag für das Erzbistum Berlin, denn die St.-Hedwigs-Kathedrale wird wiedereröffnet. Wie lange haben Sie sich auf diesen Moment gefreut?
Erzbischof Dr. Heiner Koch (Erzbistum Berlin): Eigentlich acht Jahre, seitdem ich hier bin. Sechseinhalb Jahre ist sie geschlossen gewesen. Davor waren schon Jahre des Überlegens, des Nachdenkens, des Absprechens mit den unterschiedlichen Wertungen und Sichtweisen dieser Kathedrale. Es gab auch Spannungen.
Das alles hat mich so bewegt, dass ich jetzt froh und erleichtert bin, mit so vielen Menschen frohgemut in diese neue Etappe zu gehen, und dass wir endlich wieder in Berlin-Mitte ein Gotteshaus haben, eine katholische Kirche.
Das ist für mich schon eine große Belastung gewesen, dass wir hier keinen Gottesdienst feiern konnten. Es ist auch die Kirche der deutschen Bistümer in der Bundeshauptstadt. Hier werden viele repräsentative Gottesdienste stattfinden.
Die Kirche liegt in einer Stadt, in der die meisten Menschen nicht an einen Gott glauben, jedenfalls nicht in der religiösen Bindung an eine Kirche. Wir wollen hier mit Menschen in Kommunikation kommen, die diesen Glauben nicht kennen oder nicht teilen. Ich hoffe, das wird ein Ort des Austausches, der Kommunikation, der Communio. Mit Gott und mit den Menschen, mit der Kirche und mit denen, die außerhalb dieser Kirche leben.
DOMRADIO.DE: Wir haben letztes Jahr an Allerheiligen erste Schritte in dieser Kathedrale gemacht. Der Altar wurde geweiht. Seitdem ist viel geschehen. Was ist jetzt an diesem Raum so besonders?
Koch: Vieles von dem, was damals in unserem Kopf war, was sein sollte, war damals noch nicht Wirklichkeit. Wir konnten es uns nur vorstellen. Hoffentlich, vielleicht wird es so. Jetzt ist es vollbracht.
Ich erlebe jetzt die Kuppel zum ersten Mal. Ich erlebe die Fenster, die den Sternenhimmel zur Zeit der Geburt Jesu zeigen, zum ersten Mal. Ich erlebe diesen Raum zum ersten Mal mit den Stühlen um den Altar herum und den Kniebänken. Ich erlebe jetzt die alten Figuren, die mir so wertvoll sind. Die Mutter Gottes, Petrus.
Ich erlebe, dass schlicht und ergreifend die Botschaft dieser Kirche doch Wirkung zeigt. Alles Zeichen der Gemeinschaft mit Christus. Und ich hoffe, dass von diesem Ort viele Menschen berührt weitergehen und sagen, vielleicht gibt es doch diesen Gott und vielleicht sind wir doch nicht allein. Das wäre mein Wunsch für die Menschen, die nicht Christen sind.
Für uns als Bistum hoffe ich, dass wir das hier spüren, was wir sind: Eine Gemeinschaft, die sich einander trägt und einander nach vorne bringt.
DOMRADIO.DE: Was soll diese Kathedrale an die Hauptstadt Berlin für ein Signal senden?
Koch: Die Kathedrale steht am Bebelplatz, an einem ganz prominenten Platz mitten in Berlin. Es war der Platz, an dem im Dritten Reich Bücher verbrannt wurden. Und dann nachher wurden die Menschen verbrannt.
Es ist der Platz neben zwei Ministerien. Es ist der Platz neben der Staatsoper und der Humboldt-Universität und an der Straße "Unter den Linden", wo so viele Menschen flanieren.
Ich hoffe, dass es gelingt, dass diese Kirche mitten in diesen Strömungen des Staates und der Strömungen der Gesellschaft dabei ist und dass die Menschen hier hereinströmen und auch wir zu den Menschen strömen. Besser kann man nicht liegen. Herausfordernder kann die Lage allerdings auch nicht sein.
Das Interview führte Alexander Foxius.