Das sagt ein Musikwissenschaftler der Katholischen Nachrichtenagentur.
Eigentlich geht es um eine verflossene Liebe. Aber schon, wenn die ersten Takte von "Last Christmas" erklingen, schaltet das Gehirn auf Weihnachtsstimmung. Ob im Radio, auf dem Weihnachtsmarkt oder im Kaufhaus. Alle Jahre wieder kommt der Weihnachtssong von Wham in die Charts. Meist nur für ein paar Wochen. Doch auf jeden Fall mit großem Ohrwurm-Risiko.
Seit der Veröffentlichung am 3. Dezember 1984, vor 40 Jahren, ist der von George Michael geschriebene Song ein Klassiker moderner Weihnachtsmusik geworden. Zum Geburtstag erscheint am 13. Dezember eine "Last Christmas 40th Anniversary"-Maxi-CD mit vier Versionen des Titels, darunter George Michaels Darbietung von "Last Christmas" in der Londoner Wembley Arena 2006.
Gesundheitsgefahren durch Gassenhauer
Die einen hassen den Song, die anderen lieben ihn: 2022 startete ein britisches Ehepaar eine Kampagne zur Abschaffung von "Last Christmas" und sammelte Spenden, um die Lizenzrechte zu kaufen. 2018 warnte die Gewerkschaft Verdi vor Gesundheitsgefahren für Verkäuferinnen und Verkäufer, die Gassenhauern wie "Last Christmas" über Wochen ausgesetzt seien.
«Last Christmas» ist einer der erfolgreichsten Musiktitel aller Zeiten. Bei seiner Veröffentlichung 1984 erreichte der sechsfache Multi-Platin-Klassiker in zahlreichen Ländern Platz 1, in Deutschland Rang 3. In England allerdings schaffte er es zunächst "nur" auf Platz 2. Denn der Song, der sich 1984 noch besser verkaufte, war der Benefiz-Song "Do They Know It's Christmas" von Band Aid zu Gunsten der Hungernden in Äthiopien, an dem George Michael ebenfalls beteiligt war.
Dauerläufer
Doch "Last Christmas" ist ein Dauerläufer: Jedes Jahr taucht der Song seitdem zur Weihnachtszeit in den Charts vieler Länder auf. In Deutschland bleibt "Last Christmas" das wohl erfolgreichste Weihnachtslied. 2023 erreichte er auch in England erstmals Platz eins der Weihnachtscharts. Dazu gibt es zahlreiche Cover-Versionen. Ironie des Schicksals: George Michael starb am 25. Dezember 2016, also am Ersten Weihnachtstag, an einer Herzerkrankung. Er wurde nur 53 Jahre alt.
Außer dem Wort "Christmas" und ein bisschen Glöckchengebimmel hat der Song eigentlich nichts Weihnachtliches. Es geht in dem etwas rätselhaften Text um eine verflossene Liebe und Liebeskummer. Im Video stapft ein puppenhaft wirkender George Michael mit prall geföhntem Haarschopf durch eine verschneite Berglandschaft, wirft seiner Ex schmachtende Blicke zu und schmückt den Weihnachtsbaum in einem eingeschneiten Chalet. Entstanden ist der Song dem Vernehmen nach im unaufgeräumten Kinderzimmer von George Michael. Klar ist: Alles an "Last Christmas" stammt von ihm selber: jede Note, der Text, der Gesang. Michael spielte auch jedes einzelne Instrument selbst ein.
Hohes Ohrwurm-Risiko
Bemerkenswert an der Struktur des Erfolgssongs: Der Refrain wird sechseinhalb Mal wiederholt, wobei er jeweils doppelt gesungen wird. Die Hälfte des Liedes besteht damit aus Wiederholungen. Das trägt sicher zu seiner Ohrwurm-Gefährlichkeit bei, wie der Kasseler Musikwissenschaftlers Jan Hemming sagt. Nach seinen Worten sind solche Ohrwürmer zwar nicht planbar. Es gebe aber sicher ein paar Voraussetzungen, die ein Stück mit Ohrwurmqualität erfüllen müsse. "Dazu gehören eine einfache rhythmische Struktur und eine eingängige Melodie - idealerweise eine, die im weitesten Sinn 'schleifenfähig' ist", sagte er der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).
Hemming ist sich aber sicher, dass das nicht ausreicht. "Der Ohrwurm sagt mehr über denjenigen aus, der ihn gerade hat, als über die Musik." Es handele sich oft um Stücke, die die jeweilige Person mit irgendeiner Erinnerung oder einer besonders emotionalen Situation oder Stimmung verbinde. "Manchmal werden sogar Songs, die einen besonders nerven, zu Ohrwürmern."
Kaugummikauen als Rettung
Als Gegenstrategie empfiehlt der Wissenschaftler, sich das jeweilige Stück noch einmal bewusst anzuhören oder eine andere Musik zu genießen. Auch die Konzentration auf andere Tätigkeiten hilft - wenn man etwa die Steuererklärung oder Hausaufgaben macht. In Großbritannien hat man nach seinen Worten herausgefunden, dass auch Kaugummikauen helfen soll: "Offenbar unterdrückt das Kauen den Reflex, den Ohrwurm innerlich mitzusingen."