DOMRADIO.DE: Sie sind gläubiger Katholik. Für Sie war das vermutlich mehr als ein politischer Termin, bei der Wiedereröffnung von Notre-Dame dabei zu sein, oder?
Nathanael Liminski (Chef der Staatskanzlei und Landesminister für Bundes und Europaangelegenheiten, CDU): Ja, Notre-Dame ist ein geistlich bedeutsames Gebäude. Für mich persönlich verbinden sich auch viele Erinnerungen mit diesem Gebäude. Ich habe in Paris studiert, habe dort meine Frau kennen gelernt.
Wir waren oft in Notre-Dame. Umso größer war die Bestürzung, als wir 2019 die Bilder vom Brand sahen. Es war damals auch schon ein gutes Gefühl, etwas aus Nordrhein-Westfalen dafür tun zu können, dass dieses Bauwerk möglichst bald wieder in altem Glanz, sogar in noch größerem Glanz erstrahlt. Umso bewegender war es, diesen ersten großen Gottesdienst und auch die Anteilnahme der französischen Gläubigen mitzuerleben.
DOMRADIO.DE: Hilfe beim Wiederaufbau hat die Kölner Dombauhütte geleistet. Macht Sie das stolz, dass auch unser Bundesland dazu beitragen konnte?
Liminski: Es ist vor allen Dingen ein schönes Zeichen gelebter deutsch-französischer Freundschaft, dass wir damals in der Stunde der Not als Freunde nicht nur mit guten Worten beistehen konnten, sondern auch mit der Tat. Das war auch ein Ausweis besonderen Vertrauens seitens der Franzosen uns gegenüber, diese Kulturschätze in Form dieser Fenster zu überlassen, sie außer Landes gehen zu lassen, damit sie bei uns in der Dombauhütte liebevoll wieder aufbereitet werden konnten. Das war nicht selbstverständlich. Es gab in Frankreich nach der Katastrophe eine große Bewegung, die sich dafür eingesetzt hatte, dass die Franzosen das alles allein schaffen.
Gestern zu sehen, wie diese Fenster aus Köln in neuem Glanz erstrahlen, wie sie das Licht von draußen durchlassen, das war ein bewegender Moment.
DOMRADIO.DE: Es wurde kritisiert, dass so mancher Politiker die Wiedereröffnung als politische Bühne für sich genutzt hat. Donald Trump war da, der Papst nicht. Ist das nicht ein bisschen verwunderlich?
Liminski: Man hätte durchaus auf die Idee kommen können, dass auch der Papst dort zugegen ist. Es heißt, dass Macron ihn auch eingeladen hat. Ich glaube, zwischen dem französischen Staat und dem Vatikan gab es schon bessere Zeiten. Ich glaube, es hallt immer noch die Eröffnungsveranstaltung von Olympia nach. Welche anderen Gründe es gegeben habe, das entzieht sich meiner Kenntnis.
Die Wiedereröffnung von Notre-Dame nach dieser Katastrophe war tatsächlich ein so historischer Moment, dass es gut gewesen wäre, wenn der Papst zugegen gewesen wäre, auch um den christlichen, den gläubigen Gehalt dieses Ereignisses zu betonen. Denn in der Tat gerade am ersten Tag, dem Samstag, war es sehr politisch. Mit Donald Trump war jemand auf der Bühne, der den Raum in der Regel für sich selber einzunehmen weiß.
Ich hätte mir an der Stelle gewünscht, dass es ein noch stärkerer europäischer Moment ist. Es ist im Wesentlichen etwas, was wir in Europa geschafft haben. Dieses Gebäude steht für den reichen geistigen Kulturschatz Europas. Umso mehr ist es befremdlich gewesen, dass der neue amerikanische Präsident diesen Moment vor allem an sich gerissen hat. Das hat man zugelassen. Mag es vielleicht am Ende einem höheren Ziel dienen, nämlich dass ein gerechter Frieden in der Ukraine schneller kommt, dann hat es sein Gutes. Wir wissen manchmal nicht, wofür die Geschichte vorgesorgt hat.
Das Interview führte Katharina Geiger.