Religion kommt nach Worten des Religionssoziologen Detlef Pollack immer dann ins Spiel, wenn es um die Höhen und Tiefen des menschlichen Lebens und manchmal auch um die Existenz geht. "Der christliche Glaube ist eine Form des Umgangs mit der Begrenztheit unseres Lebens", schreibt Pollack in einem Gastbeitrag für den "Spiegel" am Samstag. Religion arbeite mit Differenzen, etwa von "Zugänglichem und Unzugänglichem". Ein Dasein ohne diese Differenz tendiere dazu, zu verkümmern, "und es weist eine robuste Neigung zur Erbarmungslosigkeit auf".
"Es reduziert die Wirklichkeit auf das, was man selbst aus ihr herausholen und zu seinen Gunsten wenden kann, und betrachtet alles andere nur unter dem Gesichtspunkt, ob es einem dabei dienlich ist oder im Wege steht." Der Münsteraner Soziologe schreibt, ihm fielen in diesem Kontext die Menschen ein, "die nicht bereit sind, den Ukrainerinnen und Ukrainern in der Not beizustehen, und gar nicht einsehen, warum man nicht das russische Gas nehmen soll, wo es doch so billig zu haben ist - eine Haltung, die vor allem im weitgehend konfessionslosen Osten verbreitet ist".