Syrisch-katholische Christen behaupten sich in Jerusalem

Bischof blickt nach Damaskus

Der Gazakrieg ist eine enorme Belastung für die Christen im Heiligen Land. Die kleine syrisch-katholische Kirche in Jerusalem verfolgt zudem mit Spannung die jüngsten Entwicklungen im Libanon und in Syrien. Ein Blick auf die Lage.

Autor/in:
Johannes Schidelko
Menschen in Damaskus halten die Flagge Syriens hoch / © Leo Correa (dpa)
Menschen in Damaskus halten die Flagge Syriens hoch / © Leo Correa ( dpa )

Das syrisch-katholische Patriarchat zählt mit rund 120.000 Gläubigen zu den kleineren papsttreuen Ostkirchen. Ihre Zentren liegen im Libanon, in Syrien und im Irak. Aber auch in Jerusalem hat die Kirche, die ihre Liturgie in der alten Kirchensprache Aramäisch feiert, ein Exarchat, eine Diözese für ihre Gläubigen in Israel, Palästina und Jordanien. Seit dreieinhalb Jahren steht Bischof Yacub Ephrem Semaan an ihrer Spitze. Mit 44 Jahren ist der agile Libanese der jüngste der sechs katholischen Ordinarien im Heiligen Land, zu denen neben dem Lateinischen Patriarchat unter Kardinal Pierbattista Pizzaballa auch die Melkiten und Maroniten sowie die Armenier und Chaldäer zählen.

Mit viel Hoffnung, zugleich mit Vorsicht und viel Gottvertrauen führt der temperamentvolle Geistliche seine Gemeinde. Von Jerusalem aus hat Semaan aber auch die beiden nördlichen Nachbarländer im Blick, wo die Kirche seit Jahrzehnten immer wieder von Flucht- und Auswanderungswellen geplagt wird.

Libanon im Schatten der Hisbollah

Für seine Heimat Libanon erwartet der Exarch nach den schrecklichen Zerstörungen durch den von der Hisbollah angezettelten Krieg, dass die Libanesen selbst ihre Zukunft in die Hand nehmen, ohne Steuerung von außen und ohne Milizen. Sie müssten sich vom Iran und seinen fundamentalistischen Ideen lösen, sagt er im Gespräch mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA): "Die Schiiten müssen endlich verstehen, dass sie den Frieden suchen müssen." Dazu brauche es aber auch eine entschiedene und von Gott erleuchtete Politik - und Politiker, die einen Frieden durchsetzen wollen und können.

Auch in Syrien sollten die Bewohner ihr Land selbst aufbauen, ohne Stütze und Bevormundung aus Teheran oder Moskau. Zurückhaltend äußert er sich zur neuen syrischen Führung. Von den dortigen Bischöfen und Priestern höre er, "dass das Verhalten der neuen Gruppen gut ist", berichtet er der KNA. Aber sie hätten auch Sorgen; denn im Ursprung seien es fundamentalistische Gruppen. Nicht wenige Christen fürchteten, dass sich dort künftig die Scharia etabliert.

Er hofft, dass die neuen Machthaber "den besten Weg wählen", und sich etwa am jordanischen König oder am Präsidenten Ägyptens orientieren. In den Neuaufbau Syriens müssten unbedingt die Christen und die christlichen Werte einbezogen werden: "Wenn ihr die Christen in eurem Land verliert, dann verliert ihr euer Land", ist Semaan überzeugt.

Dünne Personaldecke

In Jerusalem steht die syrisch-katholische Gemeinde vor ähnlichen Problemen wie die übrigen Kirchen des Heiligen Landes. Die Personaldecke ist dünn: Semaan hat in seiner Diözese nur zwei weitere Priester und zwei Diakone; ein Seminarist soll demnächst geweiht werden. In seiner Pfarrei in Bethlehem, die ein verheirateter französischer Priester leitet, seien viele Gläubige aufgrund der Reisebeschränkungen ohne Arbeit und Einkommen. Das große syrische Gästehaus nahe der Geburtskirche musste geschlossen werden, ohne dass er seine insgesamt zehn Angestellten entlassen habe, versichert der Bischof. Und die Abwanderung von Gläubigen bleibt eine Dauersorge.

Unübersichtlich ist die Lage der syrische Pfarrei im jordanischen Amman. Denn zu dieser Gemeinde zählten zwischenzeitlich auch 500 aus den Christenzentren in der irakischen Ninive-Ebene geflüchtete Familien, die nach dem Sieg über die Terrormiliz "Islamischer Staat" allmählich wieder in ihre Heimat zurückkehren können.

Einnahmen sinken

In Jerusalem ist Semaan zugleich Bischof und Gemeindepfarrer, zudem ist er neuerdings Präsident der Ökumene-Kommission der katholischen Ordinarien. Zum Exarchats-Compound unweit des Damaskus-Tors, wenige Schritte von der deutschen Schmidt-Schule entfernt, gehört neben der Kirche auch ein Gästehaus. Das ist zwar geöffnet, aber nur wenige Gäste logieren hier, meist Leute aus Nordisrael, etwa aus Haifa. Dort zählen auch syrische Familien zu seiner Gemeinde, ebenso in Jaffa oder in Ramle.

Das heißt, dass die bisherigen Einnahmen des Exarchats weitgehend eingebrochen sind. Dennoch versucht er, bedürftige christliche Familien etwa mit einem Mietzuschuss zu unterstützen, damit sie im Land bleiben können. Seine Vision ist, dass sich Juden, Muslime und Christen dieses Land teilen sollten. "Es gibt Platz für alle, warum sich bekämpfen."

Insgesamt schätzt Semaan die Zahl seiner Gläubigen in Israel und Palästina auf unter Tausend. Für die feiert er in seiner Sankt-Thomas-Kirche jeden Sonntag Gottesdienst, an dem meist zwischen 30 und 40 Gläubige teilnehmen - eine vergleichsweise hohe Quote. Er organisiert Gebetstreffen, spirituelle Vorträge, plant Initiativen für Jugendliche und für Senioren. "Aber wir konzentrieren uns auf unser geistliches Leben, auf unser Gebet." Und sie seien glücklich, betont der Exarch strahlend. "Wir sind eine kleine Kirche, aber ich bemühe mich, dass wir eine Gemeinschaft sind, dass wir uns als eine Familie fühlen."

Quelle:
KNA