Weihbischof Schwaderlapp feiert Christmette in Gefängnis

"Christus kennt keine Gefängnismauern"

Nicht alle feiern Weihnachten mit ihren Liebsten. Die Insassen der Justizvollzugsanstalt Wuppertal-Vohwinkel verbringen auch den Heiligen Abend im Gefängnis. Weihbischof Dominikus Schwaderlapp wird sie an Heilig Abend besuchen.

Autor/in:
Hilde Regeniter
Glaube im Gefängnis (Symbolbild) / © Frame Stock Footage (shutterstock)
Glaube im Gefängnis (Symbolbild) / © Frame Stock Footage ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Weihnachten feiern im Gefängnis. Das ist keine schöne Vorstellung, aber wie sieht es tatsächlich aus?

Weihbischof Dominikus Schwaderlapp / © Beatrice Tomasetti (DR)
Weihbischof Dominikus Schwaderlapp / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Dominikus Schwaderlapp (Domkapitular und Weihbischof im Erzbistum Köln): Die Heilige Messe und auch die Christmette ist nie trist, und es ist immer auch ein Zeichen der Hoffnung. Ansonsten ist der Besuch da schon etwas Berührendes und auch etwas Trauriges. Die JVA wird gerade renoviert. Gott sei Dank. 

Sie ist relativ düster. Aber ich bin da jedes Mal sehr gerne am Heiligen Abend. Denn Christus ist Mensch geworden, um zu allen Menschen zu kommen. Und er kennt keine Gefängnismauern. Die einzige Mauer, die es für ihn gibt, ist die Mauer des Herzens. Und die kann man im Gefängnis genauso überwinden wie draußen. 

DOMRADIO.DE: Sie feiern vor allen Dingen die Christmette. Aber wie ist es danach? Gibt es dann auch noch so was wie eine gemeinsame Feier? Geschenke? 

Schwaderlapp: Die Christmette ist bereits morgens um 11:00 Uhr, weil die Bediensteten da auch schon um 16:00 Uhr Feierabend haben. Und dann müssen dann auch die Gefangenen wieder in ihren Hafträumen sein. Und dann ist man auch gebunden an die Essenszeiten und an den ganzen Ablauf da. 

Danach darf ich dann noch einige vom Gefängnisverein begleiten, die dann ein kleines Geschenk in Form einer Tüte in die Hafträume bringen und auch noch frohe Weihnachten wünschen. Süßigkeiten, Shampoo und auch etwas Tabak sind da drin. So Dinge halt, die man sonst schwieriger bekommt. 

DOMRADIO.DE: Sie machen das jetzt nicht zum ersten Mal, im Gegenteil, Sie gehen schon seit vielen Jahren alle Jahre wieder zu Weihnachten ins Gefängnis. Warum finden Sie das so wichtig? 

Schwaderlapp: Weil Weihnachten nicht nur das einlullende Fest der Idylle ist, wo alles heimelig, alles irgendwie schön ist. Auch im Stall von Bethlehem war es nicht heimelig. "Er kam zu den Seinen und die Seinen nahmen ihn nicht auf." Das steht bei Johannes. 

Dominikus Schwaderlapp

"Auch im Stall von Bethlehem war es nicht heimelig."

Und wie ich eben schon angedeutet habe, dass Christus wirklich zu allen Menschen kommen will. Deshalb ist es für mich selbst ein Weckruf. Ja, Christus will zu allen und schließt niemanden aus. Zu jedem, der das Herz öffnet, kommt er. 

Die Gefangenen können am Ende einzeln gesegnet werden, wenn sie das wünschen. Und es ist dann auch schön zu sehen, dass viele doch auch berührt sind und um den Segen bitten. Und wenn ich dann frohe Weihnachten wünsche, dass dann doch auch ein wenig Hoffnung und ein wenig Freude in den Gesichtern zu sehen ist. 

DOMRADIO.DE: Weihnachten ist ja das Familienfest für viele. Wie ist das jetzt für all diejenigen, die da ganz alleine hinter Gittern die Feiertage verbringen müssen? Was bekommen Sie da mit? 

Schwaderlapp: Das bekomme ich über die Gefängnisseelsorger mit. Viele Beziehungen von Gefängnisinsassen sind zerbrochen. Das ist schon ein schwieriger Tag, wo eben dann die Trennung von Familie oder die Sehnsucht nach Familie oder nach einer heilen Familie sehr lebendig wird. 

Dominikus Schwaderlapp

"Das ist schon ein schwieriger Tag, wo (...) die Sehnsucht nach Familie (...) sehr lebendig wird."

Vielleicht durch Erinnerungen an Kindheit oder an andere Dinge. Es ist jedenfalls ein besonderer Tag, ein emotionaler Tag, wo man dann auch im Gottesdienst spürt, dass ein wenig die Nähe und der Trost Gottes gesucht wird. 

DOMRADIO.DE: Unter den Inhaftierten, kann man sich vorstellen, gibt es jetzt sicher auch viele, die mit Gott und Glauben gar nicht viel am Hut haben. Vielleicht kommen die trotzdem in die Christmette, einfach um Abwechslung zu haben. Welche Botschaft bringen Sie denen mit? 

Schwaderlapp: Die Botschaft ist, dass Jesus zu jedem kommen will. Und dass, wie ich eben gesagt habe, er keine Mauern kennt, nur die Mauern des eigenen Herzens. 

Dominikus Schwaderlapp

 "Die Botschaft ist, dass Jesus zu jedem kommen will."

Und wenn wir die abbauen können, dann kann er genau zu jedem kommen, ob er nun inhaftiert ist oder draußen ist, ob er ein hohes Amt hat oder auf der Straße ist, ob er in einer Familie ist oder allein. Christus sucht jeden und lässt niemanden allein. 

DOMRADIO.DE: Jetzt mal ganz praktisch gefragt: Sie kommen da rein. Sie bringen auch Gaben mit. Müssen Sie da auch durch die Sicherheitsschleuse oder gibt es da so eine Ausnahme? Einen Vertrauensvorschuss für Geistliche? 

Schwaderlapp: Also man darf kein Handy mitnehmen und man muss seinen Ausweis abgeben am Eingang. Ansonsten gibt es ja schon auch ein Vertrauen, dass das gut läuft. Man hat, man hat ja auch Erfahrung, man kennt sich. 

Weihnachtsgeschenke unter einem Weihnachtsbaum / © AnnaStills (shutterstock)
Weihnachtsgeschenke unter einem Weihnachtsbaum / © AnnaStills ( shutterstock )

Ich bringe auch immer Kalender mit. Das ist ganz wichtig, dass die Inhaftierten Kalender haben. Es ist ihnen sehr wichtig, ob das nun mit Bildern ist oder ohne. Da wird immer sehr danach gefragt. Ich habe die in den letzten Wochen auch schon gesammelt im Generalvikariat und bei Freunden. Und die bringe ich dann auch noch als Gabe mit. 

DOMRADIO.DE: Priester, Bischöfe, das Kirchenpersonal im Allgemeinen hat natürlich an Weihnachten alle Hände voll zu tun. Sie zum Beispiel müssen natürlich auch viele Gottesdienste feiern. Wie begehen Sie dann persönlich das Weihnachtsfest? 

Schwaderlapp: Das mit dem Müssen ist relativ. Ich darf das sehr schön feiern und der Start ist eben für mich da in der JVA. Und dann fahre ich in meinen Heimatort Ransbach-Baumbach und feire dort in meiner Heimat abends um 18:00 Uhr die Christmette. 

Panoramablick auf den Kölner Dom und Weihnachtsmarkt / © fokke baarssen (shutterstock)
Panoramablick auf den Kölner Dom und Weihnachtsmarkt / © fokke baarssen ( shutterstock )

Das mache ich schon seit 20 Jahren als Tradition, bin dann abends mit meiner Familie zusammen und breche dann aber auch so pünktlich auf, dass ich bei der Mitternachtsmesse hier im Dom mit dabei sein kann. 

Und dann anschließend gibt es dann noch einen kleinen Umtrunk bei mir für Freunde und Domkapitular und so. 

Das Interview führte Hilde Regeniter.

Quelle:
DR