DOMRADIO.DE: Wir sind im Jahr 2007. Markus Ritterbach ist Präsident des Festkomitees Kölner Karneval. Joachim Kardinal Meisner ist Erzbischof von Köln. Norbert Feldhoff ist der Dompropst. Die Idee: Lass uns einen Gottesdienst zur Einsegnung der Karnevalssession abhalten. Wie kam es dazu?
Sigrid Krebs (ehemalige Pressesprecherin beim Festkomitee Kölner Karneval): Es lag auf der Hand. Wir haben uns in der damaligen Zeit, nicht anders als heute, immer wieder damit auseinandergesetzt, wo der Karneval herkommt. Wie können wir unseren Brauchtum gut erklären, damit die Jecken die Zusammenhänge gut verstehen und auch die Rituale, die Üblichkeiten dieses großen Kölner Festes besser verinnerlichen und kennenlernen?
Wenn man sich damit auseinandersetzt, dann liegt es auch auf der Hand, dass der Karneval ein christliches Fest ist oder sehr eng mit dem Kirchenkalender zusammenhängt. Es gibt ein Gesetz: Am Aschermittwoch ist alles vorbei. Und das macht dieses große Fest auch so wertvoll.
Der Aschermittwoch markiert den Beginn der Fastenzeit. Und vor diesen Tagen wird ordentlich gefeiert. Dass es bis dahin nun acht Wochen sind, steht auf einem anderen Blatt. Aber das ist der Ursprung des Karnevals. Und dafür kann man sich auch einen Segen einholen.
DOMRADIO.DE: Der Kölner Dom fasst mehr als 5.000 Leute und ist ein prominentes Wahrzeichen. Das ist eine tolle Plattform, oder?
Krebs: Ja, natürlich. Aber es ging gar nicht darum eine Plattform zu schaffen oder ein Event zu gestalten. Das war überhaupt nicht unser Ansatz, sondern ein Kirchenraum - und erst recht der Kölner Dom - ist eben auch ein Ort der Zusammenkunft.
Die Gemeinde trifft sich, die Gläubigen treffen sich. Im katholisch geprägten Köln ist es, wie auch anderswo auch, durchaus üblich, einen Segen zu erbitten. Und so wie es auch für andere Bereiche Gottesdienste gibt, für bestimmte Heiligenverehrung bei Pilgerfahrten oder der Soldatengottesdienst, der zum Jahresbeginn im Kölner Dom stattfindet, kam uns der Gedanke: Lasst uns zusammenkommen, noch mal in uns gehen, uns auch gedanklich vorbereiten und um einen Segen bitten. Das war der Hintergrund.
DOMRADIO.DE: An wen haben Sie sich mit Ihrer Idee gewandt?
Krebs: Wir haben den Zugang zum Erzbischof Kardinal Meisner gesucht. Wir hatten einen sehr guten Draht, weil es auch gute Tradition war, dass die Kölner Dreigestirne im Erzbischöflichen Haus empfangen wurden und man in den persönlichen Austausch ging. Und selbstverständlich haben alle Ansprechpartner, die dazugehören, miteinander gesprochen. Unser Wunsch wurde offen und gerne aufgenommen. Man hat sich darüber ausgetauscht und die Gestaltung besprochen.
Ein ganz wichtiger Punkt ist auch die Kollekte dieses Domgottesdienst. Sie kommt immer denen zugute, die den Kölner Karneval im Bereich der Kinder und Jugend unterstützen. Und es ist für viele Karnevalisten ein sehr schöner Moment, um zusammenzukommen, bei dem festlichen Einzug der Standarten, die alle Karnevalsgesellschaften repräsentieren, die Tanzgruppen und so weiter. Es ist ein schöner und besinnlicher Start in die neue Session.
DOMRADIO.DE: Können Sie sich erinnern, dass es in den Anfängen auch Widerstände gab?
Krebs: Nein, wir wollten da auch nicht mit einem Spielmannszug einmarschieren, das verbietet sich. Aber gleichwohl hat dieser Gottesdienst von Beginn an auch einen kleinen karnevalistischen Mitschwung. Es gibt immer auch eine musikalische Begleitung einer großen Musikkapelle, die aber dann festlicher spielt. Und zum Ende des Gottesdienstes gibt es auch immer auf der Domorgel karnevalistische Töne am Dom zu Kölle. Es geht ans Herz und ist trotzdem festlich.
Dieser Gottesdienst hat sich in der Zwischenzeit auch ein bisschen verändert. Es ist heute ein ökumenischer Gottesdienst, gemeinsam mit den evangelischen Christen. Der Karneval ist ein echtes Volksfest, ein Fest, das das Volk sich gibt. Und im Volk gibt es eben auch evangelische Christen und noch viele weitere Vertreter anderer Religionen, die auch alle im Kölner Dom herzlich willkommen sind. Mittlerweile ist es eine Tradition und gehört fest in den karnevalistischen Kalender.
Das Interview führte Uta Vorbrodt.