Der Kampf gegen die Taliban verlagert sich zunehmend in den Norden

Deutsche Elitesoldaten unter Beschuss

Das nordafghanische Bundeswehrcamp in Kundus ist in immer kürzeren Abständen Granaten- und Raketenangriffen der islamistischen Taliban ausgesetzt. "Wir sehen unsere Befürchtungen bestätigt, dass die Terroristen ihre gefährlichen Aktivitäten zusehends vom Süden in den Norden Afghanistans verlegen", erklärte einer der Offiziere in Kundus der Nachrichtenagentur ddp. Eine Bestandsaufnahme.

Autor/in:
Friedrich Kuhn
 (DR)

Das nordafghanische Bundeswehrcamp in Kundus ist in immer kürzeren Abständen Granaten- und Raketenangriffen der islamistischen Taliban ausgesetzt. "Wir sehen unsere Befürchtungen bestätigt, dass die Terroristen ihre gefährlichen Aktivitäten zusehends vom Süden in den Norden Afghanistans verlegen", erklärte einer der Offiziere in Kundus der Nachrichtenagentur ddp. Eine Bestandsaufnahme.

Nach ddp-Informationen ist das geheime "Kommando Spezialkräfte" (KSK) zum Schutz der rund 600 deutschen Soldaten in Kundus stationiert. Es hat den Islamisten und den anderen um Kundus operierenden Terrorgruppen bisher erfolgreich die Stirn bieten können.

Aus Kreisen der in Kundus arbeitenden Wiederaufbauteams der Bundeswehr war zu hören, dass die Fähigkeiten zur Aufklärung "vehement verbessert werden konnten". So könnten die Aufklärungsspezialisten jetzt "wesentlich mehr Druck auf die Taliban ausüben". Einzelheiten über diese Verbesserungen bleiben geheim. Es gelinge ständig besser, bevorstehende Attacken der Taliban zu erkennen und abzuwehren, hieß es.

Anschlag auf dem Markplatz: Die Suche nach den Schuldigen
Das Verteidigungsministerium verweigert wie immer jede Auskunft über den Einsatz der KSK-Elitesoldaten. Den besonders hart ausgebildeten und in jeder Kampftechnik trainierten Männern gelang es zusammen mit afghanischen Soldaten vor einigen Tagen, Islamisten gefangen zu nehmen, die im Verdacht standen, an Anschlägen auf den deutschen Stützpunkt in Kundus beteiligt gewesen zu sein.

Der mutmaßliche Drahtzieher des Anschlags auf dem Markplatz von Kundus am 19. Mai letzten Jahres, dem die KSK-Kämpfer südlich von Kundus aufgelauert hatten, konnte entwischen. Drei deutsche Soldaten waren damals einem Selbstmordattentäter zum Opfer gefallen.

"Wir sind froh, dass unsere KSK-Kameraden vor Ort sind", ließ einer der Offiziere in Kundus wissen. Die KSK-Soldaten waren schon Ende 2001 mit ihren amerikanischen Kameraden bei der Erstürmung der afghanischen Bergregion Tora Bora dabei, in der sich Terroranführer Osama Bin Laden versteckt hatte. Die KSK-Männer waren zeitweilig immer wieder zu ihrem Heimtastützpunkt im baden-württembergischen Calw zurückbeordert worden.

Zwei Soldaten schwer verletzt
Zusammen mit anderen Soldaten des Camps in Kundus konnten die Elitesoldaten in der vergangenen Woche in der Region Kundus auch zwei Waffen- und Munitionslager der Taliban ausheben. Es handelte sich um Artillerie- und Mörsergeschosse, Abschussgestelle für Raketen und Panzerfaustgranaten. Mit zwei Lastwagen wurde die Beute ins Bundeswehrlager nach Kundus geschafft, wo alles vernichtet wurde. Nach Aussage westlicher Geheimdienste werden beispielsweise ständig russische und chinesische SAM-Raketen nach Afghanistan geschleust.

Erst am Montag hatten die Taliban wieder einen Anschlag auf eine Aufklärungseinheit der Bundeswehr 60 Kilometer südlich von Kundus verübt. Es wurden aber weder Soldaten verletzt noch Fahrzeuge beschädigt. Nicht so glimpflich verlief ein Sprengstoffanschlag am 26. März auf einen Bundeswehrkonvoi im Raum Kundus. Dabei waren zwei Soldaten schwer verletzt worden.

Wie sehr die Taliban wieder erstarkt sind, zeigte das Attentat auf Präsident Hamid Karsai am Sonntag bei der Militärparade mitten in Kabul. Karsai kam mit dem Schrecken davon. Es gab aber mehrere Tote. Den Taliban war es trotz großer Sicherheitsvorkehrungen gelungen, mit Maschinengewehren, Granatwerfern und Panzerfäusten anzugreifen. Die Kritiker von Karsai und viele andere Oppositionelle werfen angesichts dieser Entwicklung dem Präsidenten "völliges Versagen bei der Sicherheit im Land" vor.