Albert Stohr (1890-1961) war von 1935 bis 1961 Bischof von Mainz. Seine Amtszeit stand somit unter den Herausforderungen von Nationalsozialismus und Zweitem Weltkrieg sowie dem Wiederaufbau kirchlicher Strukturen und der Integration der Heimatvertriebenen nach 1945.
Der 1890 in Friedberg in Oberhessen geborene Theologe war von 1926 bis 1935 Professor für Dogmatik am Mainzer Priesterseminar und des Lehrstuhls für theologische Propädeutik am Pädagogischen Institut Mainz. Von 1931 bis 1933 war er Abgeordneter des Zentrums im Hessischen Landtag und setzte sich öffentlich kritisch mit der Weltanschauung des Nationalsozialismus auseinander.
Auf nationalsozialistische Verbote der kirchlichen Jugendarbeit reagierte er mit der Entwicklung einer verinnerlichten Jugendseelsorge, und nach dem Zweiten Weltkrieg bemühte er sich um neue Formen kirchlicher Jugendarbeit.
Als Liturgiereferent der Deutschen Bischofskonferenz arbeitete Stohr an einer Erneuerung der Liturgie aus dem Geist der Seelsorge und an Schritten zu einer muttersprachlichen Feier von Gottesdiensten. Im Sommer 1945 formulierte er als Grundsätze des Wiederaufbaus das Bekenntnis zum Vaterland, zum Rechtsstaat, zum christlichen und sozialen Staat. Eine Kollektivschuld lehnte er ab.
Im September 1948, also wenige Wochen nach der Währungsreform, organisierte der Bischof den ersten Deutschen Katholikentag der Nachkriegszeit mit 180.000 Teilnehmern im noch stark zerstörten Mainz. Dort forderte er die Freilassung deutscher Kriegsgefangener.
1959 wurde Stohr in die Theologische Kommission zur Vorbereitung des Zweiten Vatikanischen Konzils berufen. Doch erlebte er dessen Beginn nicht mehr, da er am 4. Juni 1961 und damit ein Jahr vor Beginn der Kirchenversammlung starb. (kna/03.03.2023)