"Wir arbeiten ja nicht für die Taliban", sagte er am Montag im Interview des WDR 5-Morgenechos in Köln. "Wir arbeiten für die Landbevölkerung, für die armen Menschen hier, für marginalisierte Bevölkerungsgruppen wie Frauen und Kinder, wie Drogenabhängige."
Die Hilfsprojekte in Kabul lägen derzeit auf Eis, in den Provinzen laufe die Arbeit jedoch "noch ein bisschen weiter", berichtete Recker, der laut Caritas seit 2014 selbst in Kabul ist. Die Taliban hätten Caritas international aktiv gebeten, die Maßnahmen in den Provinzen fortzusetzen. "Da haben wir sehr gute Signale von den Taliban bis jetzt gehört." Unter anderem gebe es Projekte im psychosozialen Bereich, für Drogenabhängige, für Mutter-Kind-Gesundheit sowie klassische Nothilfeprojekte.
Recker: Taliban sind keine homogene Gruppe
Der Büroleiter rechnet mit einer friedlichen Machtübernahme. Offen sei jedoch, was danach passiere. Es komme darauf an, welche Fraktion sich durchsetze. "Wir sehen aus Europa heraus Taliban immer als eine homogene Gruppe - das sind sie nicht", unterstrich Recker. Es gäbe ganz verschiedene Strömungen.
"Da muss man mal gucken, wer sich durchsetzt und wer im Endeffekt dann das Sagen hat." Persönlich werde er nicht bedroht und sehe das auch nicht auf sich zukommen. Sorgen mache er sich jedoch um die afghanischen Mitglieder seines Teams, die religiösen und ethnischen Minderheiten angehören.
Noch sei unklar, ob er das Land verlassen werde, sagte Recker. "Die Möglichkeiten zur Evakuierung sind so ein bisschen nebelig." Zudem wolle er sich weiterhin um die nationalen Teammitglieder und um laufende Programme kümmern.
Die Lage in Afghanistan
Taliban-Kämpfer kontrollierten am Montag alle Polizei-Checkpoints in Kabul. Zwanzig Jahre nach dem Ende ihres vorherigen Schreckensregimes haben sie erneut die Macht in Afghanistan übernommen.
Am Sonntag hatten die Aufständischen den Präsidentenpalast in Kabul eingenommen, nachdem Staatschef Aschraf Ghani aus Afghanistan geflohen war. Am Flughafen von Kabul befanden sich am Montag noch Tausende Menschen, die verzweifelt versuchten, einen Platz in einem Flugzeug zu finden, um Afghanistan zu verlassen. Die USA und andere Staaten setzten die Evakuierung von Diplomaten und anderen Staatsbürger fort.