domradio.de: Auf einem Video, das im Internet kursiert, ist ein Priester bei einer Pegida-Demonstration zu sehen, der danach auch noch gegen den Islam wettert. Videos dieser Begebenheit in München sind seit vergangenem Freitag im Internet abrufbar und immer wieder wurde kolportiert, es handele sich dabei um einen katholischen Priester. Kann das sein, wo doch die Kirche sich klar und deutlich von dieser Bewegung distanziert? War das jetzt nun ein katholischer Priester oder nicht?
Jan Hendrik Stens (Theologie-Redakteur): Er wurde sogar als Bischof vorgestellt. Doch das Erzbistum München und Freising distanzierte sich gleich via Twitter und das Bistum Trier klärte schließlich auf: Markus Martin Romalla – so der Name der Person – bezeichnet sich als katholischer Bischof, feiert in einem Dorf in der Eifel regelmäßig Gottesdienst, hat aber mit der verfassten römisch-katholischen Kirche nichts zu tun. Das ist bereits seit 2013 bekannt.
domradio.de: Und warum nennt er sich dann "Bischof"?
Stens: Romalla gehört einer Gruppierung an, die als Sedisvakantisten bezeichnet wird. Angehörige solcher Strömungen anerkennen den gegenwärtigen Papst nicht. Der Stuhl Petri sei leer, daher der Begriff Sedisvakanz. Meist vertreten Sedisvakantisten die These, dass Pius XII. der letzte rechtmäßige Papst gewesen sei, manche gehen noch weiter zurück. Und dann wird auch deutlich, dass es sich um traditionalistische Strömungen handelt, was meist durch die Feier der Liturgie, aber auch durch theologische und gesellschaftliche Standpunkte deutlich wird.
domradio.de: Dann haben die also mit der katholischen Kirche gar nichts zu tun?
Stens: Sie selbst bezeichnen sich als katholisch. Aber von der römisch-katholischen Kirche anerkannt sind sie natürlich nicht. Der Begriff "katholisch" ist als solcher auch rechtlich nicht unbedingt geschützt, da er ja unterschiedlich gebraucht wird. Ich kannte einen Anglikaner, der sich als katholisch bezeichnete. Im Glaubensbekenntnis bekennen wir die "katholische Kirche". Das meint allerdings "allumfassend" und "weltweit". Im konfessionellen Sinn und als Körperschaft sprechen wir hingegen von der "römisch-katholischen" Kirche.
domradio.de: Kann man es denn nicht einfach unterbinden, dass sich Leute außerhalb der Kirche als Bischof oder ähnliches bezeichnen?
Stens: Im Weltlichen könnte man das geschützte Namensrecht anwenden und unerwünschte Inanspruchnahmen mit Hilfe eines Unterlassungsanspruchs unterbinden. Aber ganz so einfach ist das nicht, da ja auch der Begriff "Bischof" einer unterschiedlichen Definition unterliegt. Nehmen wir zum Beispiel die Landesbischöfe in den evangelischen Kirchen lutherischen Bekenntnisses. Da liegt einfach ein anderes Amtsverständnis vor als bei uns. Die römisch-katholische Kirche sieht allerdings bei unrechtmäßigen Bischofsweihen, die suggerieren, es sei hier eine Weihe nach unserem Amtsverständnis vollzogen worden, die Exkommunikation vor. Werden also Bischöfe nach römischem Ritus ohne Zustimmung Roms geweiht, gelten diese als exkommuniziert. Ein prominenter Fall war der der vier Bischöfe der Piusbruderschaft 1988. Und so verhält es sich dann auch mit Leuten wie Markus Martin Romalla. Allerdings ist auch im weltlichen Recht der Missbrauch von Amtsbezeichnungen, Titel und Würden einer Kirche bzw. öffentlich-rechtlich verfassten Religionsgemeinschaft strafbar.
domradio.de: Gibt es denn mehrere solcher illegalen oder Pseudo-Bischöfe?
Stens: Da gibt es eine ganze Reihe. Und das Portfolio reicht von extremistisch bis hin zu liberalistisch durchgeknallt. Schlagzeilen machte zum Beispiel im Vorfeld der Papstwahl 2013 ein angeblicher Bischof mit Namen Ralph Napierski, der sich in den Vatikan eingeschleust hatte. Napierski bezeichnet sich als rechtmäßig geweihter katholischer Bischof und versucht dies auch auf seinen Internet-Seiten mit Dokumenten und Bildern zu belegen. Er und sein Orden Corpus Dei sind jedoch Eigenkreationen und haben nichts mit der römisch-katholischen Kirche zu tun.
Damit zusammen hängt noch die Missionszentrale der ganz kleinen Brüder Jesu in Paderborn, die in Verbindung mit einem Hubertus Groppe steht, der sich als Priester ausgibt. Das Erzbistum Paderborn stellt aber auch hier fest, dass Groppe kein Priester der römisch-katholischen Kirche ist. Nur steckt dahinter wieder eine ganz andere und sehr leidvolle Geschichte, über die in Christ & Welt einmal berichtet wurde. Interessant ist vielleicht noch die "unabhängig-katholische Kirche". Das ist ein bei Paderborn ansässiger eingetragener Verein, der liturgisch traditionell aber in Fragen von Zölibat und Frauenordination liberal ausgerichtet ist. Aber auch hier gilt: Die dortigen Amtsträger haben mit der verfassten römisch-katholischen Kirche nichts zu tun.
Das Interview führte Heike Sicconi.