Diakonie-Chef fordert Weihnachtsgeld für Hartz-IV-Empfänger

"Weihnachten ist in Hartz IV nicht vorgesehen"

Viele Berufstätige erhalten in diesem Jahr Weihnachtsgeld. Für Hartz-IV-Empfänger ist ein solcher Zuschuss im monatlichen Regelsatz jedoch nicht vorgesehen. Für den Präsidenten der Diakonie-Deutschland, Ulrich Lilie, ein unverständlicher Zustand.

Symbolbild Hartz IV / © Fotogeng (shutterstock)

Lilie hat die Bundesregierung deshalb aufgefordert, Hartz-IV-Empfängern ein Weihnachtsgeld von mindestens 30 Euro zu gewähren. Lilie erklärte in Berlin, Ausgaben für einen Weihnachtsbaum oder Geschenke seien seit 2005 gestrichen. "Weihnachten ist in Hartz IV nicht vorgesehen", kritisierte der Diakonie-Präsident. Kosten für einen Weihnachtsbaum oder Geschenke gälten als nicht relevant für den monatlichen Regelsatz.

Gerade in der Weihnachtszeit müssten aber die Bedürfnisse der Schwächsten der Gesellschaft in den Mittelpunkt gerückt werden, erklärte Lilie. Weihnachten sei kein unnötiger Luxus. Die Feier der Geburt Jesu sei ein Fest der Zuversicht und der Hoffnung. "Die Menschen, die es ohnehin schwer haben im Leben, müssen daran ganz besonders teilhaben können", sagte Lilie.

Bis zum Jahr 2005 gab es in der Sozialhilfe eine Weihnachtsbeihilfe von gut 32 Euro. Sie wurde mit der Einführung der Hartz-IV-Regelleistungen ersatzlos gestrichen.

Lilie wirbt für Jahrhundert der Kooperation

Weiter wirbt Lilie für ein 21. Jahrhundert der Kooperation anstatt eines der Zäune und Grenzen. Es sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, dass die vielen Unerhörten im Land besser Gehör fänden, sagte er bereits am Dienstag beim Vorsitzwechsel der Liga der Freien Wohlfahrtspflege Saar in Saarbrücken. Alle müssten daran arbeiten, dass "Zusammenhalt nicht einfach nur ein Schlagwort wird". Ein Kanon gemeinsamer Werte reiche als Antwort nicht aus, betonte Lilie.

"Unser Land steht vor grundlegenden und tiefgreifenden Herausforderungen", sagte der Präsident der Diakonie Deutschland. Dazu zählten eine immer heterogenere Gesellschaft, soziale Ungleichheit, der demografische Wandel und die Digitalisierung.

Trotz guter wirtschaftlicher Zahlen zeige sich Unzufriedenheit, viele Wähler liefen den Vereinfachern und Rechtspopulisten hinterher, betonte Lilie. Er plädierte dafür, die Vereinfacher als "unfreiwillige Wegweiser" zu nutzen. Das könne helfen, besorgten Bürgern genauer zuzuhören, die die radikalen Veränderungen als Krisen empfänden und die Vorteile der Demokratie und der sozialen Marktwirtschaft nicht mehr für sich wahrnähmen.

Lebenswertes Altern ermöglichen

Entfremdungsprozesse dürften einen nicht kalt lassen, sagte Lilie weiter. Stattdessen müsse den Fragen hinter den Sorgen Aufmerksamkeit gewidmet werden. Es gehe etwa um die Fragen nach Zusammenhalt, der Schaffung von annähernd gleichwertigen Lebensverhältnissen oder einem selbstbestimmten Altern in Würde, erklärte der Diakoniepräsident.

Lebenswertes Altern zu ermöglichen, sei eine nachbarschaftliche, kommunale und staatliche Aufgabe, unterstrich Lilie. Wenn etwa Vereine, Wohlfahrtsverbände und Kommunen daran arbeiteten, gäben sie den Vereinfachern keine Chance.

"Digitalisierung ist nicht nur eine technische, sondern auch eine soziale Herausforderung", sagte der Diakoniepräsident. Die Bundesagentur für Arbeit müsse zu einer Bundesagentur für Qualifikation werden. Zeiten der Beschäftigungslosigkeit müssten zu Zeiten der Qualifizierung werden. Es brauche einen neuen Mix aus Erwerbs- sowie Familienarbeit, bürgerschaftlichen Engagement und Qualifizierung. Es gehe darum, zu verhindern, dass heutige Bildungsverlierer vom Arbeitsmarkt weiter abgehängt werden.


Diakonie-Präsident Lilie / © Norbert Neetz (epd)
Diakonie-Präsident Lilie / © Norbert Neetz ( epd )
Quelle:
epd
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