DOMRADIO.DE: Was ist da gerade wieder los in den USA?
Klaus Prömpers (Journalist, ehemaliges ZdK-Mitglied): Die Bischöfe sitzen seit Dienstag zusammen, um das fortzusetzen, was sie im November letzten Jahres mit einer Klausurtagung begannen. Damals ging ihnen der Vatikan dazwischen nach dem Motto: "Wartet bitte erst ab, bis wir unsere Konferenz der Bischofskonferenzen zum Thema sexueller Missbrauch abgehalten haben." Die hat im Frühjahr stattgefunden und seit dem 9. Mai gibt es die neuen Richtlinien des Papstes. Zur Umsetzung in der amerikanischen Kirche gibt es verschiedene Vorschläge, über die am Mittwoch und am Donnerstag abgestimmt wird. Der Ausgang ist offen.
Belastet ist diese Konferenz aktuell durch den Vorfall um einen Bischof aus West Virginia, Michael Bransfield. Er wurde von einer Untersuchungskommission überführt, sexuelle Belästigung begangen und versucht zu haben, diese mit Geldzuwendungen zu vertuschen.
Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Kardinal DiNardo, steht auch im Brennpunkt des öffentlichen Interesses, weil er einen früheren Generalvikar gedeckt haben soll. Dem Generalvikar wird vorgeworfen, eine Dame, der er die Beichte abnahm, in sexuelle Aktivitäten verwickelt zu haben. Bisher ist der Priester nur versetzt worden. Aber gerade im Zusammenhang mit der Beichte sind sexuelle Aktivitäten mit einer verheirateten Frau ein besonders schwerwiegender Fall. Kardinal DiNardo sagt, das, was vorgebracht worden ist, stimme alles nicht.
DOMRADIO.DE: Bei dem Treffen in Baltimore soll auch darüber beraten werden, wie eine Dienstaufsicht bei Erzbischöfen und Kardinälen besser funktionieren könnte. Was muss denn da Ihrer Meinung nach passieren?
Prömpers: Es gibt einen Vorschlag, der versucht, Laien stärker einzubeziehen. Ein zweiter Vorschlag drängt sogar darauf, dass man eine neutrale, außerhalb der Kirchenhierarchie befindliche Stelle einrichten solle, die über Vertuschung und Missbrauch urteilen und Vorfälle an Staatsanwaltschaften und Gerichte abgeben soll. Darüber wird abgestimmt. Dann wird man sehen, ob in dieser Richtung Einigkeit besteht. Es gab in der Vergangenheit schon mal Probeabstimmungen darüber, die aber keineswegs so eindeutig waren, wie man sich das als Laie wünschen würde.
Kurz vor dieser Bischofsvollversammlung kam eine neue Untersuchung von Pew Research heraus, die festgestellt hat, dass mittlerweile ein Viertel aller Katholiken ihren Messbesuch reduziert haben. Waren 2008 noch 45 Prozent aller Katholiken mindestens einmal im Monat im Gottesdienst, muss man befürchten, dass es dieses Jahr noch weniger werden. Auch die Bereitschaft der Katholiken zu spenden, lässt nach. Die Glaubwürdigkeit der Kirche hat so stark gelitten.
Die ersten Richtlinien hatten die Amerikaner ja bereits 2002 erlassen. Danach ging der Missbrauch zurück. Aber es gibt ihn immer noch.
DOMRADIO.DE: Was könnten die deutschen Bischöfe und die deutsche Kirche aus den USA an Impulsen mitnehmen?
Prömpers: Dass man die Dinge gnadenlos verfolgen, zu Ende denken und auch zu Ende handeln muss. Der Vatikan hat in zwei Fällen der USA sehr nachhaltig gehandelt, indem er den früheren Washingtoner Kardinal McCarrick vollkommen aus allen priesterlichen Ämtern entlassen und auch seinen Nachfolger, Kardinal Wuerl, in Pension geschickt hat.
In Deutschland steht nach der letzten Bischofskonferenz die Frage im Raum, ob irgendeiner der Bischöfe selber Konsequenzen angedeutet. Da gab es keine klare Antwort von Kardinal Marx, dem Vorsitzenden der Bischofskonferenz. Doch es müssen Konsequenzen gezogen werden.
Das Interview führte Heike Sicconi.