Wochenimpuls: Impuls der Woche von Kardinal Woelki

Adolph Kolping und 175 Jahre Gesellenverein in Köln

"Haben Sie schon mal bei Ihrem Chef mit am Mittagstisch gesessen? Häufiger? Vielleicht jeden Tag? Durften Sie schon mal bei ihm im Gästezimmer übernachten? Auf uns heute wirkt das ein wenig fremd. Zu eng wahrscheinlich. 

Vor dreihundert Jahren war das aber gar nicht so ungewöhnlich. Wenn du da ein Handwerk erlernen wolltest, gehörtest du quasi mit zur Familie. Mit allem Drum und Dran. Zur Zeit Adolph Kolpings jedoch lösten sich solche sozialen Strukturen allerdings so langsam auf. Mit der Folge: Die Handwerksgesellen vereinsamten, verarmten, verwahrlosten, vagabundierten verloren umher. Es mangelte an vielem. Vor allem an einem Zuhause und an Bildung. So sah es zumindest Adolph Kolping. 

Deshalb hat er eine richtige Bewegung in Gang gesetzt. Vor 175 Jahren, am 6. Mai 1849, hat er hier bei uns in Köln einen der ersten Gesellenvereine gegründet. Diese Vereine sollten den wandernden Gesellen einen familiären Halt geben – sie religiös, politisch und fachlich bilden. Schon 1865, in seinem Todesjahr, hatte diese Bewegung über zwanzigtausend Mitglieder in mehr als vierhundert Vereinen. 

Durch den Zusammenschluss verschiedener Gesellenvereine in Köln und Düsseldorf wurde der Grundstein für das heutige internationale Kolpingwerk gelegt, welches in mehr als 60 Ländern der Erde vertreten ist. Und begraben liegt dieser große Kämpfer für die Rechte der Handwerker und Arbeiter übrigens in der Minoritenkirche hier bei uns in der Kölner Innenstadt. Da, wo er auch zum Priester geweiht wurde. 

Vielleicht besuchen Sie einfach mal bei einer sich bietenden Gelegenheit sein Grab und lassen sich von ihm und seinen Ideen inspirieren. Denn die soziale Frage, neue Formen von Armut, das Wohnungsproblem, die Ausgrenzung bestimmter Gruppen der Gesellschaft oder auch die Schwierigkeiten, die alte Menschen oder alleinstehende Mütter haben, sind weiterhin aktuell und warten auf unseren Einsatz.

Ihr Rainer Woelki,
Erzbischof von Köln"

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