Diakonisch leben – das tut Maria Messing schon lange, denn schon lange fühlt sie sich dazu berufen. Offiziell von ihrer Kirche als Diakonin anerkannt und als solche geweiht zu werden, auch das ist ein Wunsch, den sie schon lange hegt. Bis heute bleibt er ihr verwehrt. "Das ist schmerzhaft, ein wichtiger Teil von mir wird nicht ernst genommen", sagt die 61-Jährige, die hauptberuflich als Sakristanin für katholische Gemeinde Sankt Georg in Bocholt arbeitet. Als "Mensch voller Hoffnung" glaubt sie trotzdem fest daran, dass Entwicklung möglich ist, auch in der katholischen Kirche. Und so hat Maria Messing dreieinhalb Jahre lang an der Fortbildung "Diakonische Leitungsdienste für Frauen in der Kirche" teilgenommen und sie gemeinsam mit zwölf weiteren Katholikinnen Mitte April abgeschlossen.
Zum Abschluss des vom Netzwerk Diakonat der Frau organisierten Kurses haben sie ein Zertifikat bekommen und den Segen des gesamten Leitungsteams. Dass auch der Essener Weihbischof Ludger Schepers dabei war und in vollem Ornat gemeinsam mit den Leiterinnen seinen Segenswunsch ausgesprochen hat, werten Maria Messing und die anderen Absolventinnen als kirchenpolitisches Zeichen. Denn dadurch, dass er Mitra und Bischofsstab als bischöfliche Insignien trug, machte der Weihbischof seinen Segen zur Amtshandlung. "Ich war schließlich nicht als Privatperson eingeladen, sondern als Bischof", sagt der Kirchenmann, der dem Netzwerk Diakonat der Frau schon lange verbunden ist. Bei der Abschlussfeier jetzt, das stellt er klar, konnte er den Frauen weder eine Beauftragung erteilen, noch die Weihe spenden.
Mehrheit der Bischöfe befürwortet Diakoninnenweihe
"Wir wissen alle, dass es noch nicht so weit ist." Aber Ludger Schepers hätte es sich gut vorstellen können, denn er versteht den Schmerz derer gut, die sich berufen wissen, ihre Berufung aber nicht offiziell ausleben können. Ihn habe die Ernsthaftigkeit beeindruckt, mit denen die Frauen im Diakonatskurs sich mit Fragen vor allem von Diakonia aber auch von Martyria und Liturgia beschäftigt haben. "Ich möchte an ihrer Seite stehen, mitfühlen und mitdenken. Ich möchte meinen Teil dazu beitragen, dass an diesem Missstand etwas geändert wird." Das wird über kurz oder lang passieren, davon ist der Weihbischof überzeugt. "Es ist keine Frage des ob, sondern des wann."
Das positive Votum der Delegierten beim Synodalen Weg in dieser Frage habe gezeigt, dass auch die deutschen Bischöfe mit großer Mehrheit die Weihe von Frauen zu Diakoninnen befürworten. Dass auch die aktuelle Studienkommission des Papstes zur Wiederbelebung des Frauendiakonats bis 2025 grünes Licht geben wird, hält Schepers für sehr wahrscheinlich. Und dann, schließt er sich anderen Beobachtern an, könne es durchaus sein, dass die Entscheidung darüber an die Ortskirchen delegiert werde, das sei beim Diakonat der Männer schließlich nicht anders.
Auch ohne sakramentalen Rückhalt diakonisch tätig
Jutta Mader-Schömer hat die Fortbildung als Vorsitzende des Netzwerks Diakonat der Frau mitorganisiert und -betreut. Wie wichtig die volle Anerkennung diakonischer Dienste von Frauen durch die Amtskirche wäre, weiß sie aus ihrer langjährigen Erfahrung als Krankenhausseelsorgerin. Wenn sich ihr Schwerstkranke und Sterbende mit Lebensbeichten oder anderen existenziellen Fragen anvertrauten, durfte sie nicht selbst die Sakramente der Versöhnung und der Krankensalbung spenden, sondern konnte nur anbieten, dafür einen Priester zu rufen. "Da sagen viele "Das erzähle ich keinem Mann!‘ oder "Das kann ich kein zweites Mal erzählen!". Dieses Beispiel zeige, wie sehr die diakonische Hinwendung zu den Menschen die ganze Vielfalt braucht, betont die Theologin.
Die Absolventinnen der beiden ersten Fortbildungskurse für Frauen in diakonischen Leitungsfunktionen, haben danach unterschiedliche Weg eingeschlagen, berichtet Jutta Mader-Schömer. Die einen sind weiter diakonisch tätig – oft ehrenamtlich - auch ohne den sakramentalen Rückhalt, weil es ihnen wichtig ist. Andere aber haben sich mittlerweile enttäuscht abgewandt, weil sie sich in ihrem persönlichen Engagement weder gesehen noch gewürdigt fühlten. Das sei bitter, sagt die Netzwerksvorsitzende, macht aber mit ihren Mitstreiterinnen selbstverständlich weiter, als Nächstes beim Tag der Diakonin am 29. April.
Weil der stete Tropfen bekanntlich den Stein höhlt, wollen die Katholikinnen bei der zentralen Veranstaltung in Speyer ihre Forderungen wiederholen und bekräftigen. Das Motto in diesem Jahr: "Lasst die Fülle zu!" Weihbischof Schepers würde die Fülle gerne endlich zulassen. Schließlich seien es in der Praxis vor allem die Frauen, die diakonisch arbeiteten. Fortbildungs-Absolventin Maria Messing bleibt unterdessen zuversichtlich, dass Gott sie an den Ort stellen wird, wo sie hingehört und wirken soll. "Ich weiß nicht, ob es zu meiner Wirkungszeit dazu kommen wird, dass Frauen geweiht werden. Aber ich hoffe es sehr."