484 Migranten auf zwei Schiffen warten auf Hafenzugang

Kein Hafen in Sicht

Seenotretter haben hunderte Menschen aus ihren vom Kentern bedrohten Booten gerettet. Die "Ocean Viking" hat mehr als doppelte so viele Menschen an Bord, als sie Plätze hat. Aber bisher hat ihr noch kein Hafen die Einfahrt gewährt.

In Decken gehüllt liegen dicht an dicht Menschen an Bord des Rettungsschiffes "Ocean Viking" / © Julia Schäfermeyer (dpa)
In Decken gehüllt liegen dicht an dicht Menschen an Bord des Rettungsschiffes "Ocean Viking" / © Julia Schäfermeyer ( dpa )

Mit 484 Migranten an Bord warten zwei Rettungsschiffe im Mittelmeer auf die Zuweisung eines sicheren Hafens durch italienische oder maltesische Behörden. Auf der "Ocean Viking" befinden sich nach Angaben der Betreiber SOS Mediterranee und Ärzte ohne Grenzen seit Montag 407 aus Seenot gerettete Menschen, darunter 152 Minderjährige. Das Schiff "Alan Kurdi" der deutschen Organisation Sea-Eye hatte am Samstag 77 Migranten aufgenommen.

Die "Ocean Viking" kam nach Betreiberangaben innerhalb von 72 Stunden fünf Flüchtlingsbooten zu Hilfe. Zuletzt wurden bei zwei Einsätzen in der Nacht auf Montag 102 Personen von einem Boot 80 Meilen vor der libyschen Küste und weitere 82 Migranten in der maltesischen Such- und Rettungszone aufgenommen.

Viele Minderjährige an Bord

Von den 152 Minderjährigen an Bord seien 132 ohne Eltern oder Erziehungsberechtigte unterwegs, teilte SOS Mediterranee mit. Unter den Geretteten seien auch zwölf schwangere Frauen. Mit 407 Passagieren ist die Zahl der Plätze auf dem unter norwegischer Flagge fahrenden Rettungs- und Versorgungsschiff um das Doppelte überschritten.

Menschen stundenlang ohne Hilfe auf offenem Meer

Der Einsatzleiter der "Ocean Viking", Frederic Penard, schrieb auf Twitter, die Situation am Wochenende auf dem Mittelmeer zeige erneut die Notwendigkeit größerer Such- und Rettungskapazitäten. Sämtliche Rettungen hätten unter herausfordernden Bedingungen bei Nacht stattgefunden. Während Europa schlafe, hätten die überfüllten und vom Kentern bedrohten Boote mehrere Stunden ohne Hilfe auf dem Meer zugebracht.

Der Sea-Eye-Vorsitzende Gorden Isler erklärte, angesichts von insgesamt 484 Menschen auf den beiden Rettungsschiffen müsse die EU-Kommission handeln, damit die Menschen an einen sicheren Ort könnten. Die Rettungsschiffe dürften nicht unnötig lange blockiert werden, so Isler via Twitter (Montag).

Union sieht Wiederaufnahme von Mission "Sophia" kritisch

Die Unionsfraktion im Bundestag steht einer Wiederaufnahme der Marinemission "Sophia" kritisch gegenüber. "Niemals sind mehr Menschen im Mittelmeer ertrunken als zu Zeiten der staatlichen Seenotrettung", sagte Unionsfraktionsvize Thorsten Frei (CDU) der Tageszeitung "Die Welt" am heutigen Dienstag. Der Migrationsstrom über die zentrale Mittelmeerroute sei in den vergangenen Monaten fast zum Erliegen gekommen. Nun sollten keine neuen Anreize geschaffen werden, sich in Seenot zu begeben, so Frei.

Andrea Lindholz (CSU), Vorsitzende des Innenausschusses im Bundestag, sagte dem Blatt: "Menschen in Seenot müssen natürlich gerettet werden, aber eine Neuauflage der Mission 'Sophia' darf keine Brückenfunktion nach Europa haben." Durch "Sophia" waren laut EU-Angaben ab 2015 Zehntausende Bootsmigranten aus Seenot gerettet und nach Europa gebracht worden. Seit fast einem Jahr werden jedoch keine Schiffe mehr für die Operation eingesetzt.


Quelle:
KNA